Der Instant-Messaging-Dienst WhatsApp ist längst allgegenwärtig. Auch in der Schule ist die Kommunikation zwischen den Schülerinnen und Schülern in Klassenchats über die App fast schon die Norm. Welche Folgen hat das für Unterricht und Schulleben? Gregory Grund von den „Digitalen Helden“, einem Medienbildungsprogramm rund um soziale Medien und Netzwerke aus Frankfurt am Main, hat uns dazu ein paar Fragen beantwortet.
1. Herr Grund, Schule ohne Klassenchat oder WhatsApp - geht das noch?
Das geht schon, allerdings wollen die meisten Jugendlichen diesen Kommunikationskanal nicht missen. Der Klassenchat ist eine Erweiterung ihres sozialen Raumes und ein weiterer Kanal zum Austausch über Unterricht: zum Erinnern an Aufgaben, zum Einstellen von Lösungen oder zur gegenseitigen Hilfe.
2. Profitiert der Unterricht davon oder eher nicht?
Jüngere Klassen neigen schon dazu, sich fertige Ergebnisse bereitzustellen, Hausaufgaben zu teilen. Aber einige Klassen bekommen auch eine wirkliche Lernunterstützung über den Klassenchat hin. Da werden Lösungswege moderiert, Verweise auf Videos geteilt oder emotionaler Halt gegeben. Aber Chats, und das sagen viele Jugendliche, haben eben auch ein enormes Ablenkungspotential.
3. Welche Haltung haben Lehrerinnen und Lehrer?
Viele finden Klassenchats wichtig zum Austausch und greifen den Umgang damit im Unterricht auf, auch über unseren kostenlosen Onlinekurs „WhatsApp, meine Freunde und ich“. Gleichzeitig scheuen viele die direkte Kommunikation mit ihren Schülerinnen und Schülern über die App, da sie keine Klarheit über die Möglichkeiten und Grenzen ihres Einsatzes haben. Das regelt jedes Bundesland anders. Einig sind sich alle in zwei Punkten: Dass über WhatsApp erst ab dem Alter von 13 Jahren kommuniziert werden darf und personenbezogene Daten dort nicht ausgetauscht werden sollten.
4. WhatsApp gehört Facebook, und das gilt vielen als Datenkrake. Schreckt das die Schülerinnen und Schüler ab?
Jugendliche wollen da sein, wo ihre Freunde sind – und das ist aktuell WhatsApp. Wichtig ist, dass sie auch im Elternhaus eine kritische Haltung mit auf den Weg bekommen, im Hinblick auf den Datenschutz etwa. Sie sollten wissen, dass ihre Daten wichtig und wertvoll sind und die Währung, in der sie solche Dienste bezahlen. Und sie sollten sich ihrer Verantwortung Dritten gegenüber bewusst sein und zum Beispiel darauf verzichten, ihr Adressbuch hochzuladen, weil sie so gleichzeitig die Namen und Handynummern ihrer Kontakte freigeben.
5. Wo sind Schule und Bildungspolitik gefordert?
Der Schulunterricht sollte die Macht und den Wert persönlicher Daten für Jugendliche greifbar machen. Das ist Voraussetzung für einen kritischen Umgang mit Diensten wie WhatsApp. Wünschenswert wäre auch eine Schullösung zum virtuellen Austausch, die deutsche Datenschutzstandards erfüllt und in Sachen Design und Nutzerfreundlichkeit nicht hinter den großen Anbietern zurücksteht. Ansätze dazu gibt es. Sie umzusetzen, erfordert aber viele Ressourcen und Kompetenzen. Und am Ende müssen die Jugendlichen mitziehen und dieses Angebot auch annehmen.
Datum: 16.01.2017
„Klassenchats über WhatsApp können den Unterricht auch bereichern“
Fünf Fragen an … Gregory Grund von den „Digitalen Helden“