Mit Apps die Welt verbessern – dieses Ziel verfolgt das Programm Technovation Girls Germany. Es fördert Mädchen, sich von passiven Nutzerinnen digitaler Medien zu aktiven Gestalterinnen zu entwickeln. Zu diesem Zweck widmen sich die jungen Teilnehmerinnen einer aktuellen sozialen oder ökologischen Herausforderung und erstellen eine App, um das gewählte Problem zu lösen. Lehrpersonen können das Programm an ihre Schule holen und interessierte Schülerinnen bei der Teilnahme organisatorisch unterstützen.
„Im Bereich Informatik wie in der Gründerszene sind Frauen unterrepräsentiert. Das heißt, es bleiben Potenziale ungenutzt, die die Gesellschaft positiv verändern könnten. Mit dem Programm wollen wir Mädchen ermutigen und mit den notwendigen Kompetenzen ausstatten, ihre Potenziale zu nutzen, um die Welt ein Stückchen besser zu machen“, erklärt Barbara Blum, Projektleiterin bei der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS), die das Programm als Partnerin der US-amerikanischen Non-Profit-Organisation Technovation in Deutschland umsetzt.
Technovation Girls Germany richtet sich an Mädchen, cis und trans, sowie nonbinäre und gendervariante Jugendliche im Alter von zehn bis 18 Jahren (Begriffsdefinitionen siehe Infokasten). Sie können in Teams von bis zu fünf Mitgliedern teilnehmen – auch ohne Coding-Vorkenntnisse. Das Technovation Girls Curriculum bietet ihnen einen Kursplan, der sie Schritt für Schritt durch das Programm führt und die Grundlagen vermittelt: von der Ideenentwicklung bis zur fertigen App samt Pitch, einer kurzen Video-Präsentation der Geschäftsidee.
Begriffsdefinitionen – Geschlechtsidentität
Die Geschlechtsidentität einer Person lässt sich nicht anhand äußerer Merkmale festmachen. Vielfach identifizieren sich die Menschen zwar mit dem Geschlecht, dem sie bei der Geburt aufgrund ihrer Genitalien zugewiesen worden sind, doch nicht immer. Für Erstere wird laut dem Verein Queer Lexikon das Adjektiv „cis“ verwendet, für Letztgenannte das Adjektiv „trans“. Zu eben dieser Gruppe gehören dem Verein zufolge auch Menschen, die sich als gendervariant identifizieren. „Im Gegensatz zu trans geht es dabei aber mehr um die grundsätzliche Ablehnung der gesellschaftlichen binären Norm in Bezug auf Geschlecht.“ Der Begriff „nonbinär“ bezeichnet wiederum Menschen, „die sich nicht (oder nicht zu 100 Prozent) als Mann oder Frau identifizieren, sondern zum Beispiel als beides gleichzeitig, zwischen männlich und weiblich oder als weder männlich noch weiblich“.
Unterstützung erhalten die Jugendlichen von Mentor:innen, die die Teams durch das Programm belgeiten. In wöchentlichen Treffen, die online oder in Präsenz stattfinden können, besprechen sie mit ihnen beispielsweise den aktuellen Entwicklungsstand, geben Anregungen für die nächsten Schritte, helfen bei fachlichen Fragen oder Schwierigkeiten. Die eigentliche Projektarbeit obliegt aber den jungen Teilnehmer:innen. „Sie erfahren Selbstwirksamkeit und entwickeln Problemlösekompetenz“, sagt Blum. Gleichzeitig erlangten sie digitale sowie unternehmerische Kompetenzen und würden für eine gerechtere Welt sensibilisiert. „Das Programm lässt sich unter anderem im Bereich Bildung für nachhaltige Entwicklung verorten. Sowohl das Curriculum als auch die zugehörigen Begleitvideos gehen immer wieder auf die Global Goals ein.“ Zudem seien die Teilnehmer:innen explizit gefragt, ihre App-Idee mit Blick auf die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (UN) zu verorten (Sustainable Development Goals, SDGs).
Relativ beliebt seien in den vergangenen Jahren Umweltthemen gewesen, so Blum. Die entwickelten Apps beschäftigten sich unter anderem mit den Fragen, wie sich Lebensmittelverschwendung vermeiden oder weniger Müll produzieren lässt. In diese Kategorie gehört unter anderem die App „Simply better“ aus der vorangegangenen Programmsaison, die junge Menschen unterstützen will, Essen selbst zu kochen, statt zu bestellen.
Interessierte Jugendliche können sich eigenständig für die Teilnahme am Programm anmelden, einzeln oder mit Freund:innen, sowie über eine Lehrkraft als Schulgruppe. Somit können Lehrpersonen das Programm nicht nur unterstützen, indem sie es an ihrer Schule bewerben, sondern auch, indem sie eine Schulgruppe aktiv betreuen. Sie können dabei selbst als Mentor:innen fungieren oder sich auf die pädagogische Begleitung beschränken. Das heißt, sie helfen nach der Anmeldung dem Team bei der Organisation, koordinieren etwa die Zusammenarbeit der Schüler:innen mit dem Mentor beziehungsweise der Mentorin, kümmern sich um Internet- und Computerzugang, zum Beispiel in der Schule, und dienen darüber hinaus als Ansprechperson.
Rund 40 Stunden Arbeit sollen die Jugendlichen laut Curriculum einplanen, wenn sie am Programm teilnehmen wollen. Eine Anmeldung für die aktuelle Saison ist ab sofort online möglich. Bis zum 19. September können sich Jugendliche zudem zum Technovation Start Camp anmelden. Während der viertägigen Präsenzveranstaltung vom 5. bis zum 8. Oktober 2022 erhalten sie eine Einführung ins Programm sowie in die Themen-, Ideen- und Appentwicklung. Der Camp-Besuch ist allerdings keine grundsätzliche Teilnahme-Voraussetzung. Ihr finales Projekt-Ergebnis können die Jugendlichen schließlich bei einer großen Abschlussveranstaltung anderen Teams vorstellen. Zudem haben sie Ende April 2023 die Möglichkeit, ihre Idee bei der internationalen Technovation Challenge einzureichen und im Zuge dieses App-Wettbewerbs weltweit mit anderen jungen Entwickler:innen zusammenzukommen.