Wir stellen regelmäßig vor, wie Schulen aus dem Netzwerk Verbraucherschule Verbraucherbildung umsetzen. Nachmachen erlaubt.
„Ich kann ´ne Gedichtanalyse schreiben, aber habe keine Ahnung von Steuern oder Versicherungen“ – diese Kritik einer jungen Studentin, die 2015 bei Twitter viral ging, können die Schüler:innen der Carl-Friedrich-Gauß-Schule in Friedland, Niedersachsen, definitiv nicht teilen. Zusammen mit externen Fachkräften beschäftigt sich die Jahrgangsstufe 9 alljährlich eine Woche lang mit den Themen Schuldenfalle, Miet- und Vertragsrecht, wichtigen Versicherungen, Kontoführung sowie rechtlichen und gesundheitlichen Konsequenzen bei Alkohol- und Drogenmissbrauch.
Im Überblick
Thema: Auf eigenen Beinen stehen: wichtiges Verbraucherwissen
Handlungsfelder: Finanzen und Versicherungen, Nachhaltiger Konsum, Gesundheit
Klassenstufe: Klasse 9
Lebensweltbezug: Schüler:innen erlernen grundlegendes Buchhaltungs-, Versicherungs- und Rechtswissen
Umfang/Dauer: 25 Schulstunden
Methoden: Externe Fachleute berichten aus ihrer Praxis, informieren und üben anhand von Beispielen mit Schüler:innen, wie sie auf eigenen Beinen sicher stehen.
Herangehensweise und Umsetzung
Bereits seit zehn Jahren gehört die Projektwoche „Auf eigenen Beinen stehen/Ein-Tritt ins Leben“ fest ins Jahresprogramm der Neuntklässler:innen der Carl-Friedrich-Gauß-Schule. Vier Tage in Folge geht es ausschließlich darum, was junge Erwachsene wissen sollten, wenn sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Aber nicht die Lehrer:innen besprechen diese Themen mit den Jugendlichen. „Jeden Tag haben wir andere externe Experten vor Ort, die Vorträge halten, mit den Schülern diskutieren und üben“, erklärt Carsten Fornefeld, Lehrer der Carl-Friedrich-Gauß-Schule und Koordinator der Projektwoche.
Gestartet wird mit einem Schuldnerberater der AWO Göttingen. Er vermittelt den Jugendlichen, wie wichtig es ist, Einnahmen und Ausgaben im Blick zu haben und wie dies am besten gelingt. Besonders eindrücklich seien dabei seine Berichte über Schuldenfälle aus seiner Praxis. Aber er spreche auch mit den Jugendlichen darüber, wie wichtig es sei, Preise zu vergleichen oder, statt immer neu zu kaufen, auch mal zu reparieren, Upcycling zu betreiben, Second-Hand-Ware zu kaufen oder Tauschbörsen zu nutzen.
Auf den Schuldnerberater folgen Experten von zwei Krankenkassen, die mit den Schüler:innen das Thema Versicherungen besprechen. Weiter geht es mit Gästen von Sparkasse und Volksbank und schließlich sind ein Vertreter der Polizei, ein Jugendrichter und ein Arzt aus der Unfallchirurgie der Uniklinik Göttingen zu Gast. „An diesem Tag geht es darum, welche rechtlichen und gesundheitlichen Konsequenzen Alkohol- und Drogenmissbrauch haben können“, erklärt Fornefeld.
Am letzten Tag der Woche steht eine ausführliche Auswertung auf dem Programm. Dabei zeige sich, dass fast alle Jugendlichen im Laufe der Woche ein Aha-Erlebnis hatten – nicht zuletzt, weil es einfach einen anderen Stellenwert für sie habe, wenn Expert:innen zu ihnen kommen und aus der Praxis berichtet, als wenn eine Lehrkraft ein Thema zusammenfasst. „Von einem Experten nimmt man Tipps fürs Leben einfach eher an“, fasst es Fornefeld zusammen.