Nachhaltigkeit ist vielen jungen Menschen ein Anliegen. Und viele wollen wissen, wie sie „grüner“ leben können. Nur finden sie oft nicht die passenden Infoquellen, so ein Ergebnis einer neuen Studie. Was das für die Schule heißt, weiß Maike Gossen vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Fünf Fragen an sie.
1. Frau Gossen, Sie haben für das Umweltbundesamt und das Bundesumweltministerium das Umweltverhalten junger Leute untersucht. Was haben Sie herausgefunden?
Dass Umwelt und Natur für sie eine andere Bedeutung haben als für Ältere: Wenn es zum Beispiel um den Klimawandel geht, dann nehmen sie den stärker als Problem wahr. Gleichzeitig ist ihre Perspektive eine andere: Ökothemen betrachten sie meistens nicht losgelöst von sozialen oder wirtschaftlichen Fragen. Wenn man Nachhaltigkeit also als anzustrebende Balance zwischen diesen drei Themen versteht, dann haben die von uns befragten 14- bis 25-Jährigen weniger ein „Umweltbewusstsein“, eher ein „Nachhaltigkeitsbewusstsein“.
2. Und wie drückt sich dieses „Nachhaltigkeitsbewusstsein“ aus?
Die jungen Leute denken oft global und langfristig – und nicht nur eigennützig. Die Frage, in welchen Verhältnissen nachfolgende Generationen leben, treibt sie wirklich um. Und ihnen sind die Folgen ihres Handels, ihres Konsums bewusst. Etwa, dass billige T-Shirts hierzulande mit unwürdigen Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken in ärmeren Ländern einhergehen. Viele würden das gerne ändern. Greifen dann aber doch zu – weil ihnen das Geld für teurere Produkte fehlt und ihnen Mode einfach wichtig ist.
3. Ökothemen, ob in neuen oder alten Medien, erreichen Jüngere Ihrer Studie zufolge selten…
Richtig, und das erscheint erstmal paradox – denn viele junge Menschen verbringen sehr viel Zeit mit Medien. Aber im TV oder in Zeitungen nehmen sie „grüne“ Themen vorrangig im Zusammenhang mit Katastrophen wahr. Positives kommt da viel zu kurz. Und in sozialen Netzen oder Online-Communities spielen Umweltthemen kaum eine Rolle. Das ist schade, denn das grundsätzliche Interesse ist ja da. Es fehlt aber an Absendern, den Jüngere vertrauen und an Botschaften, die an ihrem Alltag anknüpfen, die ihnen Wege weisen.
4. Was heißt das für den Schulunterricht?
Dass Schulen und Universitäten weiterhin eine immens wichtige Rolle spielen, wenn es um die Wissensvermittlung zu Umwelt und Nachhaltigkeit geht. Und diese Rolle fordern die von uns Befragten auch ein. Sie wollen, dass diese Fragen in Schule und Studium behandelt werden, fächerübergreifend und vor allem so, dass sie daraus fürs eigene Leben lernen können.
5. Passiert schon genug in diese Richtung?
Das haben wir die Jugendlichen auch gefragt. Und sie sehen durchaus noch Luft nach oben. Sie wollen weniger Theorie, mehr Praxis, etwa durch Exkursionen. Und sie wollen, dass ihre Schulen mit gutem Beispiel vorangehen: Nicht im Unterricht Plastik verteufelt, in der Mensa aber jede Möhre in Folie einschlägt.
Datum: 04.02.2016
„Junge Menschen wollen in der Schule mehr über Ökothemen hören“
Fünf Fragen an… Maike Gossen vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung