Die schulische Digitalisierung ist mit unterschiedlichen Herausforderungen für Schulleitungen und Lehrkräfte verbunden. Neben einer ausreichenden Hardware-Ausstattung gehört die Wahl der Schulsoftware dazu. Der Verein Digitalcourage möchte Schulen unterstützen, sich dabei für freie Programme zu entscheiden, und hat daher das „Netzwerk freie Schulsoftware“ gegründet.
Die Bezeichnung „Freie Software“ steht laut Digitalcourage für Programme, die samt Quellcode öffentlich und kostenfrei zur Verfügung stehen. Sie bilden das Gegenstück zu proprietären Anwendungen, die sich im Besitz eines Unternehmens oder Konzerns befinden und deren Quellcodes als Firmengeheimnis Außenstehenden nicht zugänglich sind. Um sie einsetzen zu können, müssen Nutzer:innen zunächst kostenpflichtige Lizenzen erwerben, wodurch sie sich in Abhängigkeit eines Anbieters begeben.
„Die Vorteile von freier Software für Schulen sind vielfältig“, sagt Medienpädagogin Jessica Wawrzyniak von Digitalcourage: Neben dem Aspekt, mit ihr Kosten einsparen zu können, ermögliche der einsehbare Quellcode, das Programm an die individuellen Bedürfnisse anzupassen. Zusätzlich sorge er für Transparenz, da Nutzer:innen zum Beispiel nachvollziehen könnten, welche Daten das Programm verarbeitet und wie. „Fehler in einer Software oder unerwünschte Datenflüsse fallen der Community, die sich mit ihr beschäftigt, schnell auf und können entsprechend schnell behoben werden.“ Zudem lasse sich mit freier Software der Bildungsauftrag am besten erfüllen, der auf informierte, reflektierte und mündige Heranwachsende abzielt. „Kinder, die in der Schule mit freien Programmen arbeiten, lernen unterschiedliche Systeme kennen und sind dadurch besser in der Lage, sich auf Neues einzustellen – eine wichtige Kompetenz, um in der sich ständig verändernden digitalen Welt zurechtzukommen.“
Jessica Wawrzyniak weiß allerdings auch um die Herausforderungen, vor denen Schulen stehen, die auf freie Schulsoftware setzen: „Es gibt oft keinen zentralen Support, weil kein Unternehmen dahintersteht. Das heißt, dass Lehrkräfte das Know-how benötigen, um die Programme administrieren zu können.“ Das sei zwar machbar, aber doch komplex. „Noch wichtiger: Es müssen mehr IT-Fachkräfte her. Schulen sind in der Hinsicht wie mittelständische Unternehmen zu betrachten und die haben in der Regel auch eigene IT-Abteilungen.“ Bis es allerdings so weit ist, will das Netzwerk freie Schulsoftware helfen, etwaige Wissens- und Kompetenzlücken zu schließen. Schulen, die bereits erfolgreich mit freien Programmen arbeiten, und schulnahe Expert:innen für diese bieten über das Netzwerk Lehrkräften ehrenamtlich Unterstützung. Sie stehen entweder für einen Erfahrungsaustausch bereit, können von Vor- und Nachteilen berichten, die Funktionsweise und Bedienbarkeit erläutern oder geben Starthilfe, indem sie beim Einrichten der Software helfen, dem Aussuchen von Servern, bei Behördengesprächen oder Beantragungsverfahren.
Bisher verzeichnet das Netzwerk rund 100 Mitglieder, die sich für über 1000 Hilfsangebote verantwortlich zeichnen. Unter den freien Programmen, für die sie Unterstützung bieten, finden sich typische Lösungen für Unterricht und Schulverwaltung, wie eine Cloudsoftware, ein Videokonferenzsystem, digitale Messenger sowie Lehr- und Lernwerkzeuge. Zu empfehlen seien laut Medienpädagogin Wawrzyniak etwa Nextcloud als Cloudlösung mit Dateiablage und Kalender, BigBlueButton für Videokonferenzen, LibreOffice für Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Präsentationen oder Cryptpad für kollaborative Schreibaufgaben. Dies sei aber nur eine Auswahl, denn die Hilfsangebote im Netzwerk beziehen sich auf über 150 verschiedene freie Programme. Sie sind jeweils in einer öffentlich zugänglichen Liste samt Kontaktdaten zusammengestellt. Für das Programm Nextcloud stehen beispielsweise das Albert-Einstein-Gymnasium in Berlin oder die Joseph-Friedrich-Lentner-Grundschule im bayerischen Peiting für Austausch und Starthilfe bereit.
Interessierte Schulen können sich direkt an die jeweiligen Ansprechpartner:innen wenden. „Da die Hilfe aus dem Bereich Schule kommt, hat sie eine andere Qualität“, ist Jessica Wawrzyniak überzeugt. Denn die Schulen des Netzwerks zeigten, dass der Einsatz freier Software auch im Schulbereich erfolgreich möglich sei.