Die sportlichen Entwicklungen mithilfe eines Fitnesstrackers zu verfolgen, Grenzen auszutesten und dabei den eigenen Körper besser kennenzulernen, kann für Jugendliche spannend sein. Gleichzeitig kann Self-Tracking jedoch die Erwartungshaltung steigern und junge Nutzer:innen belasten. Im Sportunterricht lassen sich Potenziale und Risiken dieser Technik mit den Schüler:innen erarbeiten und die Lernenden zugleich für datenschutzrelevante Aspekte sensibilisieren. Unterstützung erhalten Lehrkräfte dabei durch die Materialien des Projekts „Self-Tracking im Freizeitsport“ vom JFF – Institut für Medienpädagogik.
Ein Blick in die JIM-Studien (Jugend, Information, Medien) des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest zeigt: Das Interesse junger Menschen an Fitnesstrackern ist gestiegen. Verfügten 2019 lediglich 13 Prozent der Befragten im Alter von zwölf bis 19 Jahren über ein sogenanntes Wearable wie eine Smartwatch, lag ihr Anteil 2021 bei einem Viertel. „Allerdings ist auch zu beachten, dass jedes Smartphone per App dazu genutzt werden kann, sich selbst zu tracken. Insofern ist unklar, wie viele Jugendliche wirklich Self-Tracking betreiben. Wir können aber davon ausgehen, dass es auf jeden Fall in der Lebenswelt von Jugendlichen eine Rolle spielt“, sagt Maximilian Schober, wissenschaftlicher Mitarbeiter am JFF, der das Self-Tracking-Projekt wissenschaftlich begleitet hat. Im Rahmen von Forschungswerkstätten und Einzelinterviews mit Zwölf- bis 18-Jährigen haben er und seine Kolleg:innen dabei unter anderem beispielhaft erhoben, welche Erfahrungen junge Menschen mit Self-Tracking haben und wie sie die Technik nutzen. Ein Ergebnis: Schon die befragten Zwölf- und Dreizehnjährigen interessierten sich für das Thema. „In diesem Alter beginnen Jugendliche, sich mit ihrem eigenen Körper, ihrer Fitness, aber auch Schönheitsidealen auseinanderzusetzen“, erklärt Schober einen möglichen Zusammenhang.
Die Technik hinter dem Self-Tracking
Die Verbraucherzentrale NRW beschreibt Wearables als elektronische Kleingeräte, die Menschen am Körper tragen, um mithilfe der integrierten Sensoren ihre körperlichen Aktivitäten und Vorgänge zu messen. Per digitaler Schnittstelle überträgt das Gerät diese gesammelten Daten teilweise an ein Smartphone oder Tablet, auf dem die zugehörige App installiert ist, die die Rohdaten aufbereitet. „Verbraucher werden somit in die Lage versetzt, die eigenen Körperaktivitäten überwachen zu können (sog. Self-Tracking)“, heißt es in der Broschüre „Wearables, Fitness-Apps und der Datenschutz“.
Grundsätzlich sei Self-Tracking nicht negativ zu bewerten. „Damit sind durchaus Vorteile verbunden“, so Schober. Im Zuge ihrer Untersuchung habe das JFF-Team etwa beobachtet, dass die Jugendlichen Freude daran hatten, mithilfe der Technik ihre Leistungsfähigkeit zu dokumentieren und zu visualisieren. 16- und 17-Jährigen diente sie aber auch, um sich von ihren Eltern zu emanzipieren, indem sie zum Beispiel in Konkurrenz zum eigenen Vater traten, oder um biographische Ziele zu erreichen. „Eine Schülerin hat das Self-Tracking bewusst genutzt, um für den sportlichen Aufnahmetest der Polizei zu trainieren.“
Unterrichtsmethoden für Sportlehrkräfte
Damit die Vorteile allerdings zum Tragen kommen könnten, müssten die Jugendlichen in der Lage sein, Erfolge und vor allem Misserfolge richtig einzuordnen, betont Schober. „In dieser Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper und der eigenen Fitness steckt natürlich auch die Auseinandersetzung mit Normvorstellungen und Fitnessidealen. Und da kann es natürlich passieren, dass dieses sehr kontrollierende und prüfende Beobachten des eigenen Körpers Druck auslöst und das Gefühl entstehen lässt, dass der eigene Körper unnormal ist.“ Jugendliche brauchten daher kompetente Ansprechpersonen, die ihnen helfen können, ihre Leistungen entsprechend ihrer individuellen Voraussetzungen zu bewerten. Diese Rolle könnten Vereinstrainer:innen ebenso ausfüllen wie Sportlehrkräfte. Im Self-Tracking-Projekt hat das JFF daher zusammen mit dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz und der Bayerischen Sportjugend, begleitet durch Lehrkräfte, Materialien entwickelt, um bei dieser Aufgabe zu unterstützen. Diese umfassen sieben Unterrichtsmodule sowie Hintergrundinformationen für Lehrende zum Phänomen und den verschiedenen Risiken.
Die Unterrichtseinheiten basieren auf dem Prinzip „Bring Your Own Device“ und sind laut Schober so gestaltet, dass sie innerhalb von 45 Minuten in Sportsettings funktionieren. Neben praktischen Bewegungsaufgaben, um beispielsweise auszutesten, was die Self-Tracking-Technik leisten kann, stehen auch datenschutzrechtliche Aspekte im Fokus. Denn: „Meistens bleibt intransparent, wie die Unternehmen, die die Self-Tracking-Apps oder -Devices anbieten, mit den erhobenen Daten umgehen. Das sind mitunter sehr sensible, persönliche Informationen zum eigenen Körper, die Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand ermöglichen“, mahnt Schober. Jugendliche dafür zu sensibilisieren, sei ebenfalls eine wichtige Aufgabe.