Verbraucherbildung soll Kinder und Jugendliche befähigen, im Alltag reflektierte Konsumentscheidungen treffen zu können. Baden-Württemberg hat die Verbraucherbildung daher 2016 als Leitperspektive mit den neuen Bildungsplänen eingeführt. Unabhängig von der Schulart oder Klassenstufe müssen die Lehrer:innen des Landes sie seitdem fächerübergreifend im Unterricht umsetzen. Unterstützung dabei bietet das Forschungsprojekt cLEVER, das Lehrkräfte nicht nur für Anknüpfungspunkte in unterschiedlichen Schulfächern sensibilisieren soll, sondern ihnen auch Unterrichtsmaterialien inklusive Handreichungen bietet.
Der Name des cLEVER-Projekts steht für LEitperspektive VERbraucherbildung. Das Ziel: Lehrer:innen zu unterstützen, diese im Schulalltag umzusetzen. „Unser Anliegen ist, nah an der Unterrichtspraxis zu arbeiten“, erklärt Eva Leupolz Mašović, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Fachgebiets „Fachdidaktik Arbeitslehre“ an der Technischen Universität Berlin und Projektmitarbeiterin. Das heißt: „Wir forschen und entwickeln partizipativ auf allen Ebenen in der Lehrpersonenbildung.“
Entsprechend widmete sich der erste Teil des Projekts – von 2016 bis 2018 – wissenschaftsbasiert etwa den Fragen, welche Unterstützung Lehrer:innen benötigen und sich wünschen, um die Leitperspektive Verbraucherbildung in ihren Fachunterricht fundiert implementieren zu können. Es entstanden ein Transferkonzept und erste Unterstützungsangebote in Form konkreter Handreichungen und Unterrichtsmaterialien. Diese baute das Forschungsteam im Zuge des Folgeprojekts cLEVER 2 – von 2018 bis 2019 – auf der Basis aktueller Forschungsergebnisse zur Professionalisierung weiter aus und entwickelte mit und für Mulitplikator:innen zum Beispiel Fortbildungsworkshops.
Mit „sehr gut“ bewertet
Die im cLEVER-Projekt entstandenen Handreichungen „Verbraucherbildung im Fachunterricht – Wünsche“ für die Jahrgangsstufen 3 bis 4 sowie „Verbraucherbildung im Fachunterricht – Algorithmen im Alltag“ für die Klassenstufen 7 bis 9 finden Lehrkräfte im Materialkompass des vzbv. Beide Unterrichtseinheiten erhielten im Zuge der mit dem Materialkompass verbundenen Qualitätsprüfung die Gesamtbewertung „sehr gut“.
In der dritten Projekt-Runde, die 2021 startete, soll nun bis Ende 2022 ein Modellkonzept entstehen, mit dem Verbraucherbildung in der Lehrkräftebildung in allen drei Phasen verankert werden kann. Dafür erhebt das Projektteam im Zuge einer Studie unter anderem, welche Faktoren entscheidend sind, damit Lehrkräfte Verbraucherbildung erfolgreich im Fachunterricht umsetzen können. „Aus den vorhergegangenen Studien können wir bereits sagen, dass bei den Lehrpersonen ein Bewusstsein geschaffen werden muss, dass Verbraucherbildung mehr ist als Prävention von Schulden“, sagt Leupolz Mašović. „Verbraucherbildung betrifft uns alle“ – und jedes Schulfach – „das ist ganz wichtig zu betonen“ – biete Anknüpfungspunkte, entsprechende Inhalte aufzugreifen.
Beispielhaft zeigen dies bereits die Handreichungen und Unterrichtsmodule der ersten beiden Projektrunden. Sie regen Lehrkräfte an, Themen der Verbraucherbildung zu nutzen, um die jeweils im Bildungsplan geforderten Fachkompetenzen zu vermitteln. Im Mathematikunterricht sollen Grundschüler:innen etwa berechnen, ob das Wechselgeld nach dem Einkauf stimmt, und Schüler:innen der Sekundarstufe I sind im Deutschunterricht gefordert, eine Beschreibung zu verfassen, wie Algorithmen funktionieren.
Den Einfluss von Algorithmen könnten Lehrkräfte in allen Fächern – beispielsweise im Musikunterricht – aufgreifen, wenn sie mit den Schüler:innen über ihren Musikkonsum sprechen und welchen Streamingdienst sie nutzen, erklärt Leupolz Mašović. Weitere Möglichkeiten biete auch der Biologieunterricht. Dort könnten sich die Schüler:innen mit der Frage auseinandersetzen, welchen Einfluss ihr Verhalten auf die Umwelt hat, wenn sie einen Apfel aus Neuseeland anstatt aus Baden-Württemberg kaufen. „Erkennen Lehrerinnen und Lehrer diese Anknüpfungspunkte, wissen sie meist selbst am besten, wie sie sich in ihrem Unterrichtsfach nutzen lassen“, sagt Leupolz Mašović. Dazu soll das Modellkonzept in Baden-Württemberg beitragen.
Das cLEVER 3-Projekt
Silke Bartsch, Professorin für Fachdidaktik Arbeitslehre an der Technischen Universität Berlin, leitet das cLEVER-Projekt, das vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg gefördert wird. Zu den Kooperationspartnern des cLEVER 3-Projekts zählen das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung Baden-Württemberg (ZSL), die Pädagogische Hochschule in Schwäbisch Gmünd (Institut Gesundheitswissenschaften – Ernährung, Konsum und Mode sowie Institut für Gesellschaftswissenschaften – Ökonomie) und das Seminar für Ausbildung und Fortbildung der Lehrkräfte in Schwäbisch Gmünd (GWHRS). Mehr Informationen zum Projekt und alle bisher entwickelten Unterstützungsangebote für Lehrkräfte finden sich auf der projekteigenen Webseite.