Wenn es um die Verbraucherbildung geht, bleiben die Lehrpläne in Nordrhein-Westfalen eher unbestimmt. Jeder Jugendliche soll die Schule dort zwar als mündiger Konsument verlassen. Die dafür nötigen Kompetenzen erlernen sie aber nicht zwangsläufig. Woran das liegt, wie sich das ändern lässt und welche Rolle schulinterne Koordinatoren dabei spielen könnten, erklärt die Kölner Bildungsexpertin Alexandra Labusch im Interview.
Sie bilden angehende Lehrkräfte aus. Haben die überhaupt Interesse an der Vermittlung von Konsumkompetenzen?
Durchaus. Einige Lehrerinnen und Lehrer bringen diese Themen auch schon aus eigenem Antrieb in den Unterricht ein und erarbeiten entsprechende Module, zum verantwortungsvollen Umgang mit Geld beispielsweise. Das hängt aber mangels Vorgaben vom Engagement und Interesse der einzelnen Lehrkraft ab.
Sind die Lehrerinnen und Lehrern denn selbst fit in diesen Fragen?
Das kommt unter anderem darauf an, an welcher Universität studiert wurde, weil die Ausbildung im Fach Sozialwissenschaften in NRW uneinheitlich ist. Nicht alle Studierenden genießen eine ausreichende ökonomische Grundbildung. Viele lernen an der Uni zwar etwas über betriebs- oder volkswirtschaftliche Fragen – aber wenig bis gar nichts über Alltagskompetenzen und deren Vermittlung, über den konkreten Umgang mit Geldanlagen, Verträgen oder über die Budgetplanung.
Das können sie ja im Referendariat nachholen...
Das ist ein frommer Wunsch. Fehlende wissenschaftliche Kompetenzen können nicht ohne weiteres mit nachholender Selbstausbildung kompensiert werden. Dazu ist die Zeit in den 18 Monaten Referendariat viel zu knapp bemessen. Das muss im Studium passieren – oder eben in der Lehrerfortbildung.
Wie ist es denn um die in NRW bestellt?
In Sachen Verbraucherbildung nicht so gut. Das Problem ist, dass sich das Angebot zur Lehrerfortbildung vorrangig an den Kernlehrplänen orientiert. Finanz- und Konsumbildung ist in NRW aber wie gesagt kein verpflichtender Standard. Dadurch bleibt die Nachfrage nach entsprechenden Fortbildungsangeboten mau – und damit auch das Angebot. Eine Aufwertung der Verbraucherbildung könnte das ändern. Optimal wäre es, diese mit der Entwicklung von geeigneten Lehr- und Unterrichtsmaterialien zu flankieren.
Es fehlen auch geeignete Materialien?
Unterrichtsmaterialien gibt es zuhauf. Aber viele stammen aus der Feder von Banken, Versicherungen oder Unternehmen, die damit nicht selten eigene Zwecke verfolgen. Ein Prüfverfahren, wie bei offiziellen Schulmaterialien üblich, durchlaufen diese Materialien nicht. Die schwirren im Internet herum, sind oft tendenziös, bieten nur Wissenshäppchen und haben häufig didaktische Mängel.
Eine gut ausgebildete Lehrkraft im Fach Sozialwissenschaften müsste doch die Spreu vom Weizen trennen können?
Kann sie in der Regel auch. Es wird aber leider viel fachfremd unterrichtet. Und ohne fachliche Kompetenz fällt diese Qualitätsprüfung nun mal sehr viel schwerer, erst recht unter Zeitdruck. Deswegen finde ich es gut, dass der Verbraucherzentrale Bundesverband diese Lücke mit seinem Online-Materialkompass schließt. Ich meine, dass er Lehrerinnen und Lehren bei der Auswahl von guten Unterrichtsmaterialien zu konsumrelevanten Themen eine echte Hilfestellung leistet. Es mangelt aber noch an Materialien, die die Konsumkompetenzen der Schülerinnen und Schüler auf motivierende Weise fördern.
Dass Interview führte der Berliner Journalist Thomas Wischniewski im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverband.