Wir stellen regelmäßig vor, wie Schulen aus dem Netzwerk Verbraucherbildung diese im Schulalltag umsetzen. Nachmachen erlaubt.
„Werbung ist überall im Fernsehen und im Radio. Aber die ist mir egal, ich kaufe dann trotzdem andere Dinge, die ich brauche und nicht die, die ich in der Werbung sehe.“ Sagt jemand aus der Schülerschaft der Gemeinschaftshauptschule Niederpleis. Kritisch hinterfragt derweil ein Mitschüler, dass er bei Instagram manchmal Anzeigen für Sachen bekäme, über die er mit Freunden geredet habe: „Wie geht das?“ Die Bandbreite der Erkenntnisse, Erfahrungen, aber auch fehlendem Wissen über und mit Werbung ist breit bei den Schülerinnen und Schülern an dieser Schule im Rhein-Sieg-Kreis. Dessen ist sich auch das Kollegium bewusst. Es widmet deshalb im Rahmen der Verbraucherbildung einen Schwerpunkt diesem Thema. Mit Erfolg. Die Hauptschule wurde nun zum vierten Mal vom Verbraucherzentrale Bundesverband als Verbraucherschule Silber ausgezeichnet.
Im Überblick
- Thema: „Wie funktioniert Werbung?“
- Handlungsfeld: Medien
- Klassenstufe: Jahrgangsstufen ab Klasse 8
- Lebensweltbezug: Konsumverhalten
- Umfang/Dauer: 2 Projekttage/mehrere Wochen
- Methoden: Projekttage, Fachunterricht
Herangehensweise und Umsetzung
Offene Werbung zu erkennen und als solche einzuschätzen, ist zumeist die „leichtere Übung“. Schwieriger wird es, wenn es um Verborgene beispielsweise auf Instagram geht. Weiß Andreas Wilhelm. Er ist MINT-Koordinator und betreut diesen Teil der Verbraucherbildung an der Gemeinschaftshauptschule. Ab Jahrgangsstufe acht ist der Werbung jeweils ein Projekttag vor und nach den Sommerferien gewidmet. Kolleginnen und Kollegen, die das Thema noch intensiver behandeln möchten, binden es in den Unterricht, beispielsweise in den Förderstunden oder Lernzeiten dieser Ganztagsschule ein.
Dabei legen sich die Klassen jeweils auf einen inhaltlichen Schwerpunkt fest, beispielsweise die Verkaufsstrategien von Influencern auf Instagram. Sie recherchieren, analysieren Texte, Videos und Seiten im Netz, diskutieren diese. Sie erstellen Videos, in denen sie eigene Beispiele in Sketchen darstellen, um so auf die Strategien aufmerksam zu machen.
Werbung durchschauen
Die Bereitschaft, sich die eigenen Augen öffnen zu lassen und bewusster hinzuschauen, steigt im Laufe der Projektarbeit. „Zunächst hören wir immer wieder einmal, dass die Schülerinnen und Schülern meinen, sie wüssten das doch alles längst“, berichtet Andreas Wilhelm. Doch nach einigen Stunden intensiver Auseinandersetzung, auch mit dem Verhalten im eigenen Alltag, sehen sie plötzlich die verdeckten Verkaufsstrategien. „Dann sind sie selbst überrascht“, weiß der Lehrer.
Dass er, seine Kolleginnen und Kollegen in der Lage sind, die Schülerschaft zu sensibilisieren, verdanken sie nicht nur dem eigenen Einarbeiten und Einlesen, sondern auch entsprechender Fortbildungen der Verbraucherzentrale. Andreas Wilhelm sagt selbst: „Wenn man selbstkritisch ist, fällt einem auch als Erwachsenem erst richtig auf, wie geschickt Verkaufsstrategien angelegt und wie schwer sie mitunter zu erkennen sind.“
Auf Instagram und darüber hinaus
„Wie funktioniert Werbung?“ bereichert die Angebote der Schule zur Verbraucherbildung. „Diese wird von den Schülerinnen und Schülern als abwechslungsreich betrachtet, wohl auch, weil sie einen Alltagsbezug herstellt“, berichtet Andreas Wilhelm. Das Interesse an Inhalten verändere sich mit zunehmendem Alter. Umweltschutz interessiere nahezu alle, doch die Älteren widmeten sich gerne auch Finanzthemen. Die Auseinandersetzung mit Geldanlagen oder der Funktionsweise des Bitcoin offenbarten den Wunsch der jungen Menschen „in neue Dinge vorzudringen“.
Dem möchte die Gemeinschaftshauptschule künftig noch stärker Rechnung tragen. Andreas Wilhelm: „Wir planen, Themen der Verbraucherbildung für die Jahrgänge verbindlich und aufeinander aufbauend festzulegen, in Projekttagen und Fächerübergreifend im Unterricht einzubinden.“ Das alles an der Interessenlage der Schülerinnen und Schüler ausgerichtet – vom Umgang mit Taschengeld mit hin zu Steuern.