Das Artensterben schreitet weltweit rasant voran. Wie es sich entschleunigen lässt, was Kinder und Jugendliche dafür tun können und welche Rolle unser Konsum dabei spielt, weiß die Physikerin Dr. Jenny Schlüpmann vom Projekt Sonnentaler. Fünf Fragen an sie.
1. Frau Schlüpmann, kann Schule etwas gegen Artensterben ausrichten?
Schule ist zumindest ideal, um Kenntnisse über die Artenvielfalt zu vermitteln. Und wer Zusammenhänge versteht, – geschützte Arten kennt, Nahrungsketten durchschauen kann, die Stellung des Menschen in der Natur begreift oder den Zusammenhang zwischen Klimawandel und Artensterben –, wird eher bereit sein, Verantwortung für den Erhalt der Artenvielfalt zu übernehmen.
2. Was sollten Schülerinnen und Schüler wissen?
Dass wir Menschen aus der Biodiversität fast unseren gesamten Nahrungs- und Arzneimittelbedarf schöpfen. Dass die Ökosysteme mit ihrer Artenvielfalt wichtige Dienstleistungen übernehmen: von der Regulierung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre über die Wasseraufbereitung oder die Wiederverwertung von Abfällen bis zur Befruchtung der meisten Blütenpflanzen durch Tiere. Dadurch trägt die Biodiversität zum Überleben der Menschheit bei, zu unserer Gesundheit und unserem Wohlbefinden.
3. Was hat das Artensterben mit unserem Konsum zu tun?
Eine Menge. Die Böden etwa werden weltweit intensiv bewirtschaftet – um Reis zur Ernährung, Baumwolle für Kleidung oder Raps für Biokraftstoffe zu gewinnen. Dadurch sterben Mikroorganismen im Boden, aber auch Fauna und Flora an Land und im Wasser. Sichtbar wird das etwa in Form der Vernichtung oder Zerstückelung ganzer Habitate wie den tropischen Regenwäldern. Die Industrialisierung, die Verstädterung und der Massentourismus haben an diesen Entwicklungen großen Anteil.
4. Ist das Thema für die Schule nicht zu kompliziert?
Überhaupt nicht. Unser Unterrichtsmodul „Biodiversität macht Schule!“ taugt schon für die Grundschule: Die Kinder lernen damit die natürliche Selektion und Ökosysteme zu verstehen, Nahrungsketten zu erforschen oder einfache Klassifizierungen durchzuführen. Schon das hilft ihnen, neue Denk- und Sichtweisen für ihr tägliches Handeln zu gewinnen. Denn sie lernen, dass Artenvielfalt auch bei ihnen vor der Haustür stattfindet – und sie genau dort anfangen können, etwas zu ihrem Schutz zu tun.
5. Was zum Beispiel?
Wer Artenschutz will, wird nicht daran vorbeikommen, den eigenen Konsum zu überdenken und anzupassen. Das heißt zum Beispiel, möglichst klimafreundlich zu leben. Also statt der Fernreise eher einen Urlaub in nicht ganz so fernen Regionen zu buchen oder weniger Fleisch zu essen und mehr regionale und saisonale Lebensmittel einzukaufen.