Budgetieren macht Spaß, das ist das Motto der Influencer:innen, die die Methode „Cash Stuffing“ nutzen. Dafür setzen sie auf einen verzierten Budget-Planer sowie einen liebevoll gestalteten kleinen Ordner mit Umschlägen aus Klarsichtfolie, die Aufschriften tragen wie „Geschenke“, „Freizeit“, „Auto“. In kurzen Videos zeigen vor allem Frauen auf TikTok und Instagram, wie sie jeden Monat ihr festgelegtes Budget auf die einzelnen Umschläge verteilen, um anstehende Kosten zu decken. „Im Grunde handelt es sich um eine moderne Form des Sparstrumpfs und Haushaltsbuchs“, sagt Studienrätin Isabel Zimmer, die am kaufmännischen Berufsbildungszentrum KBBZ Halberg in Saarbrücken angehende Kaufleute für Versicherungen und Finanzanlagen unterrichtet. „Die Methode bietet einen niedrigschwelligen Zugang zum Sparen und einen aktuellen Anlass, um mit Schüler:innen über ihren Umgang mit Geld zu sprechen.“
„Cash Stuffing“ bedeutet wörtlich übersetzt „Geld stopfen“ oder „Geldfüllung“. Der Begriff beschreibt exakt das Vorgehen der Methode, denn Nutzer:innen befüllen Umschläge, die jeweils für einen Ausgabenposten stehen, mit dem dafür zur Verfügung stehenden Bargeld. „Das kann Schüler:innen helfen, einen Überblick über die eigenen Einnahmen und Ausgaben zu bekommen“, sagt Isabel Zimmer. Ein weiterer Vorteil: Die Methode veranlasse junge Menschen, sich Gedanken über wichtige Finanzfragen zu machen.
- Wie viel Geld steht mir im Monat zur Verfügung?
- Welche wiederkehrenden Ausgaben muss ich davon bestreiten?
- Wofür möchte ich sonst noch Geld zur Verfügung haben und wie viel?
„Besonders interessant dürfte die Kategorienbildung sein“, so die Studienrätin, also die Frage, auf welche Bereiche die Schüler:innen ihr Budget aufteilen wollen. Im Klassenverband könne dies zu einem Austausch über Prioritäten führen und auf individueller Ebene sogar zum Nachdenken anregen, wie sich Geld sparen lässt.
„Sparen als Thema ist generationslos“, betont Zimmer. Über „Cash Stuffing“ lasse sich daher sowohl in der Grundschule als auch der weiterführenden Schulen im Unterricht sprechen. Eine entsprechende Lerneinheit könne mit einem Social Media-Video zur Methode starten, um die Schüler:innen vorzubereiten, eigene Kategorien zu bilden. Dabei sollten sie mit einem fiktiven Budget arbeiten, sodass sie ihre private finanzielle Situation beziehungsweise die der Familie nicht offenlegen müssen. Ein im Anschluss selbst gestalteter Budgetplaner und -ordner ermögliche ihnen schließlich, die Methode zu Hause anzuwenden, um ihr Taschengeld oder das erste Gehalt zu verwalten. „In diesem Zusammenhang kann auch die Marketingstrategie der Influencer:innen besprochen werden, die ‚Cash Stuffing‘ in den sozialen Medien bekannt machen und gleichzeitig verziertes Zubehör zum Kauf anbieten.“
Die aktuelle Beliebtheit der Methode erklärt sich Isabel Zimmer vor allem mit dem Gefühl von Sicherheit, das Bargeld in unsicheren Zeiten vermittle. „Ich habe damit mehr Kontrolle, wie viel ich wofür ausgebe. Ist der Umschlag leer, ist das für diesen Bereich vorgesehene Geld weg. Zahle ich stattdessen beispielsweise mit der Girokarte, kann ich mein Konto auch überziehen.“ Doch Zimmer schränkt ein: „Cash Stuffing“ biete jungen Leuten zwar einen Anreiz, sich mit ihren Finanzen zu beschäftigen, und eigne sich daher gut als Einstieg, die Methode würde sie allerdings nicht als dauerhafte Lösung empfehlen, um den Überblick über die eigenen Finanzen zu behalten. „Bei Bargeld besteht immer die Gefahr, es zu verlieren.“
Eine digitale Alternative zum „Cash Stuffing“ ist die Finanzbildungs-App „Budget+plus“ der Deutschen Stiftung Verbraucherschutz. „Im Prinzip funktioniert sie wie das ‚Cash Stuffing‘, sodass sich die Erfahrungen des analogen Vorgehens auf die App übertragen lassen“, erklärt Zimmer. Über Voreinstellungen können Schüler:innen ebenfalls individuelle Ausgabenposten samt spezifischem Limit festlegen; ist dieses erreicht, informiert die App Nutzer:innen mit einem Warnton. Entwickelt von den Verbraucherzentralen Nordrhein-Westfahlen und Saarland in Zusammenarbeit mit Schüler:innen sowie Lehrkräften existieren Begleitmaterialien, die den Einsatz der App im Unterricht erleichtern sollen. Studienrätin Zimmer schlägt vor, die Schüler:innen beide Methoden ausprobieren und miteinander vergleichen zu lassen, um Vor- und Nachteile herauszuarbeiten.