Der Chatbot ChatGPT des US-Unternehmens Open AI sorgt im Bildungsbereich für Unruhe. Der Grund: „Das Tool produziert menschenähnliche Texte“, erklärt Diana Knodel, promovierte Informatikerin und Mitbegründerin von fobizz, der Weiterbildungsplattform für Lehrkräfte. Mittels künstlicher Intelligenz schreibt der Chatbot auf Befehl Zusammenfassungen literarischer Werke, verfasst Gedichte und Kurzgeschichten oder beantwortet Fragen – und zwar kostenlos. Lehrkräften stellt sich daher die Frage, wie sie mit dieser Entwicklung im Schul-Alltag umgehen sollen.
Die Abkürzung GPT im Namen des Chatbots steht für „Generative Pretrained Transformer“. Die Anwendung basiert auf der Technologie des maschinellen Lernens, bei der ein Algorithmus anhand von Daten trainiert wird, automatisch Muster zu erkennen, zu kombinieren und zu reproduzieren. Im Falle von ChatGPT kamen dabei Texte aus dem Internet zum Einsatz. „Das Programm berechnet nun die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Wort auf das vorhergehende folgt, und liefert in vielen Fällen sehr gut klingende Ergebnisse“, erklärt Diana Knodel und beschreibt damit direkt ein Problem des Textgenerators: Es handelt sich um fiktive Texte. „Das System kennt die Bedeutung der Wörter nicht, es versteht nicht, was es schreibt.“ Dies sei jedoch nicht unbedingt an der Textqualität zu erkennen. „Deswegen ist es wichtig, ChatGPT in der Schule zu thematisieren, um den Kindern einen kritischen Zugang zu vermitteln.“ Andernfalls könnten sie versucht sein, die Ergebnisse des Chatbots als Fakten anzusehen, ohne sie zu hinterfragen.
Im Unterricht können Lehrkräfte auf verschiedene Weise ihre Schüler:innen für die Grenzen der KI-Anwendung sensibilisieren. Eine Möglichkeit: mit ChatGPT generierte Beiträge mit anderen Quellen abgleichen lassen, um die Fakten zu überprüfen. „In den Ergebnissen finden sich zum Teil viele Fehler, beispielsweise wenn es um Jahreszahlen geht“, sagt Diana Knodel. Neben der Fehlersuche können Lernende die Texte dahingehend analysieren, an welchen Stellen sie Informationen und Quellen ergänzen würden. Denn ein weiteres Problem sei, dass die Daten, mit denen der Chatbot trainiert wurde und die seinen Antworten zugrunde liegen, vor allem aus Nordamerika und damit einem bestimmten Kulturraum stammen, so Knodel. Die Ergebnisse spiegelten somit das dort herrschende Verständnis von der Welt und könnten Stereotype transportieren. Aus diesem Grund lasse sich mit ChatGPT auch in gesellschaftswissenschaftlichen sowie philosophischen Unterrichtsfächern arbeiten.
Im Schulalltag zu beachten ist allerdings, dass laut der Nutzungsbedingungen von OpenAI Schüler:innen mindestens 13 Jahre alt sein müssen, um ChatGPT nutzen zu dürfen, und, bis sie 18 Jahre alt sind, die Zustimmung der Eltern oder Erziehungsberechtigten dazu benötigen. Für Demonstrationszwecke könnten Lehrer:innen „in eigener Verantwortung einen Account bei OpenAI anlegen“, schreibt vor diesem Hintergrund die EU-Initiative klicksafe auf ihrer Internetseite.
Ohne auf die KI-Anwendung zurückgreifen zu müssen, können Lehrkräfte alternativ die grundlegenden Mechanismen künstlicher Intelligenz im Unterricht thematisieren:
- Wie trifft ein Computer selbstständig Entscheidungen? Wie kann ein Computer Dinge „erkennen”? Welche Unterschiede gibt es zwischen lernender KI und klassischen Ansätzen und wo liegen die Grenzen der Systeme? Diesen Fragen können Lehrer:innen beispielsweise mithilfe der Broschüre „AI Unplugged“ der Professur für Didaktik der Informatik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg nachgehen. Das Besondere: Sie brauchen dafür weder spezifische KI-Programme noch einen Computer.
- Das Konzept des maschinellen Lernens steht im Fokus der Handreichung „Machine Learning. Intelligente Maschinen“, herausgegeben vom Verein Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter und Google Deutschland. Sie soll Lehrkräften einen kompakten Einstieg in das Thema ermöglichen und umfasst Bildungsmodule für den Unterricht.
- Der gemeinnützige Verein Wissensfabrik will mit dem Projekt „IT2School“ Lehrkräfte unterstützen, Schüler:innen an Informationstechnologie heranzuführen. Mehrere der online zur Verfügung stehenden Lernmodule widmen sich verschiedenen Aspekten künstlicher Intelligenz. Die Download-Links zu den Materialien können Lehrer:innen kostenfrei beantragen.
- Weitere Unterstützung bietet die Lernplattform „KI-Campus“, ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes Projekt. Lehrkräfte und Lehramtsstudierende finden hier kostenlose Online-Kurse, die ihnen nicht nur Fachkompetenzen rund um KI vermitteln, sondern auch anhand konkreter Praxisbeispiele aufzeigen, wie sich das Thema im Unterricht behandeln lässt.
Knodels Weiterbildungsplattform fobizz registrierte zuletzt „ein unglaublich großes Interesse an dem Thema. Mittlerweile wurden über 35.000 Fortbildungen zum Thema KI bei fobizz absolviert.“ Neben der Möglichkeit, Online-Ressourcen zu nutzen, um sich weiterzubilden, empfiehlt Diana Knodel Lehrkräften zudem, den Kontakt zu anderen Lehrer:innen zu suchen, um Erfahrungen auszutauschen und Einsatzmöglichkeiten zu erarbeiten.