Ob falsche Countdown-Zähler oder gut versteckte Informationen zu Lieferkosten – Online-Shops versuchen mitunter, durch ihre Webseitengestaltung sowie irreführende Formulierungen Verbraucher:innen zu unbeabsichtigten Käufen und Handlungen zu verleiten. „Dark Patterns“ heißen diese manipulativen und auf Online-Plattformen verbotenen Praktiken. In einer EU-weiten Untersuchung kontrollierte das europäische Verbraucherschutz-Netzwerk (Consumer Protection Cooperation; kurz: CPC) dieses Jahr 399 Websites, inwiefern sie Dark Patterns nutzen. Das Ergebnis: Bei rund 40 Prozent ließ sich mindestens eine von drei überprüften Taktiken finden. „Mit Dark Patterns hat jeder von uns Berührung, wenn er im Internet unterwegs ist, wahrscheinlich meistens eher unbewusst“, sagt Peter Reinhardt, Referent für Verbraucherbildung der Verbraucherzentrale Hessen. Mit ihrem Unterrichtsmaterial „Dark Patterns – so durchschaust du Manipulation“ will die Verbraucherzentrale schon junge Menschen für die irreführenden Praktiken sensibilisieren. Denn, so Reinhardt: „Dark Patterns beeinflussen direkt die souveränen Entscheidungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern im Netz.“
Das bekannteste Beispiel für ein Dark Pattern ist wohl die Cookie-Abfrage, die den Zustimmungsbutton gestalterisch hervorhebt, die Möglichkeit zur Ablehnung oder Einstellungsverwaltung kleiner beziehungsweise schlechter auffindbar darstellt. Das Design präsentiert die Informationen nicht neutral, sondern hebt die für den Anbietenden lukrativere Variante hervor; in diesem Fall die, mit der die Verbraucher:innen mehr ihrer Nutzungsdaten teilen. Bei diesen Praktiken handele sich nicht nur um optische Täuschungen, sondern tatsächlich um psychologische Tricks, die zu instinktiven Reaktionen führen, so Reinhardt. Weist ein Online-Shop beispielsweise daraufhin, dass von einem Produkt, das sich ein Verbraucher gerade anschaut, nur noch zwei Stück verfügbar sind, ist dieser eher geneigt, dieses sofort zu kaufen, statt nach einer eventuell günstigeren Alternative zu suchen.
Das Unterrichtsmaterial der Verbraucherzentrale Hessen greift diese und weitere gängige Beispiele in Form einer QR-Code-Rallye auf. „Wir haben versucht, aus der Fülle an verschiedenen Dark Patterns möglichst eine Auswahl zu treffen, mit der Schülerinnen und Schüler vielleicht selbst schon mal Kontakt hatten. Das erleichtert den Einstieg in den Diskurs, wenn man aus einem eigenen Erfahrungsschatz schöpfen kann“, erklärt Verbraucherbildungsreferent Reinhardt. Neben einem solchen Austausch soll das Material zudem eine offene Diskussion zur Frage anregen, wie souverän Menschen im Netz eigentlich sind. Das Thema eigne sich daher nicht nur für den Informatikunterricht, sondern auch für die Fächer Politik und Wirtschaft, Deutsch sowie Ethik. Darüber hinaus könnten Lehrkräfte es aufgrund dieser Vielfältigkeit fächerübergreifend oder in einem Projekt aufarbeiten.
Allerdings: Lernenden konkrete Tipps zu geben, wie sie im Alltag Dark Patterns erkennen können, sei nicht möglich. „Ein Problem bei Dark Patterns ist, dass sie sehr schnelllebig und sehr vielfältig sind“, sagt Reinhardt. Er empfiehlt deshalb, sich zu informieren und ansonsten Internetseiten bewusst zu nutzen sowie Entscheidungen im Netz bewusst zu treffen. Die Homepage des Dark Patterns Detection Projects, ein Verbundprojekt des Instituts für Informatik der Universität Heidelberg und des Deutschen Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung in Speyer, biete dabei Unterstützung. „Das Projekt verfolgt die Entwicklung von Dark Patterns aktiv und stetig.“ Unterrichtsmaterialien bei dieser Ausgangslage aktuell zu halten, sei nur sehr schwer möglich. „Das Wichtigste ist daher, die Schülerinnen und Schüler für diese Art von Manipulation zu sensibilisieren.“