Die Fridays for Future-Bewegung zeigt: Tausenden jungen Menschen in Deutschland ist der Klimaschutz wichtig und sie sind bereit, sich dafür einzusetzen. „Wir müssen Jugendliche in ihrem Bedürfnis ernst nehmen, die Gesellschaft mitgestalten zu wollen“, sagt Iken Draeger vom Projektteam „Netzwerk Grüne Arbeitswelt“ im Wissenschaftsladen Bonn. Sie empfiehlt daher, ökologische Fragen in die schulische Berufsorientierung einzubeziehen.
Das „Netzwerk Grüne Arbeitswelt“ engagiert sich seit Anfang 2018 dafür, die Berufsorientierung in der grünen Arbeitswelt zu stärken und Fachkräfte sowie angehende Fachkräfte für Nachhaltigkeit am Arbeitsplatz zu sensibilisieren. Für dieses Ziel haben sich der Wissenschaftsladen Bonn e. V., die Zeitbild Stiftung und der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e. V. mit Unterstützung der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums zusammengeschlossen.
„Grüne Berufe – das sind für uns Jobs, die sich dem gesellschaftlichen Ziel verschreiben, negative Auswirkungen auf das Klima zu vermeiden und dabei auch sozial verträglich sind“, erklärt Iken Draeger. Aufgrund dieser breit angelegten Definition könne die grüne Arbeitswelt sehr vielfältig sein. „Bei manchen Branchen ist der Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz offensichtlich, wie bei der Kreislaufwirtschaft oder der ökologischen Landwirtschaft, bei anderen kommt es auf individuelle Unternehmensentscheidungen an.“ Ein Beispiel dafür seien etwa Dachdecker:innen, die sich darauf spezialisiert haben, auch solarthermische Anlagen anzubringen, oder Firmen, die im Bereich Einkauf auf Nachhaltigkeit setzen, statt nur die kostengünstigsten Varianten zu suchen.
Die Aspekte, die einen Beruf “grün” machen können, lassen sich im Zuge der schulischen Berufsfelderkundung aufgreifen, so Draeger. Um Lehrkräfte dabei zu unterstützen hat das „Netzwerk Grüne Arbeitswelt“ auf seiner Internetseite definiert, was den Klimaschutzbezug in verschiedenen Berufsfeldern ausmacht, passende Bildungsmaterialien zusammengetragen und den Leitfaden „Berufsorientierung Grüne Arbeitswelt“ entwickelt. Dieser enthält Tipps, wie Lehrer:innen ökologisch-soziale Fragen im Rahmen der schulischen Berufsorientierung thematisieren, Jugendliche für Nachhaltigkeit am Arbeitsplatz sensibilisieren und deren Berufswahlkompetenz stärken können. „Im Zuge der Berufsfelderkundung lassen sich beispielsweise Fragen einbinden, wie sich in einzelnen Berufen nachhaltig handeln lässt oder welche Gestaltungsmöglichkeiten Erwerbstätige am Arbeitsplatz haben, um nachhaltigeres Handeln zu fördern.“ Jugendliche mit einem feststehenden Berufswunsch könnten auch recherchieren, wie sie mit diesem zum Klimaschutz beitragen könnten.
Darüber hinaus empfiehlt der Leitfaden, authentische Einblicke in nachhaltige Berufsfelder zu ermöglichen, etwa mithilfe von Praktika oder durch den direkten Austausch mit Berufstätigen. „Wir haben im vergangenen Jahr zum Beispiel Dialogformate entwickelt, um junge Beschäftigte mit Schülergruppen zusammenzubringen“, sagt Iken Draeger. Im Zuge der Dialogformate „Ask A Worker“, „Navigate A Worker“ und „Help A Worker“ übernehmen die Schüler:innen die Führung: Sie stellen in einem Kreuzverhör einer jungen Fachkraft kritische Fragen, entscheiden bei einem Unternehmensrundgang, was sie sehen und wissen wollen, oder diskutieren mit einer jungen Fachkraft konkrete Lösungsvorschläge zu einer akuten Herausforderung. „Ihre Fragen, Interessen und Ideen stehen im Mittelpunkt, das motiviert und erhöht die Bereitschaft, sich mit Aspekten der Nachhaltigkeit bei der Berufswahl auseinanderzusetzen.“
Darüber hinaus sollte der Unterricht Jugendliche auf das Phänomen „Greenwashing“ vorbereiten, das den Versuch von Unternehmen beschreibt, ein nachhaltiges Image zu erlangen, ohne entsprechende Maßnahmen umzusetzen. „Hier ist kritisches Denken gefragt“, so Draeger. Die Schüler*innen könnten zudem trainieren, im Bewerbungsgespräch kritische Fragen zum ökologischen und sozialen Handeln zu stellen. „Das erfordert etwas Mut, aber mutig sein, ist auch was, was sie lernen sollten.“