Datum: 21.10.2019

Influencer-Marketing: zwischen privater Meinung und Schleichwerbung

Es fehlen eindeutige Vorgaben

Ein Influencer macht für Instagram ein Foto einer Produktcollage.

Quelle:  (c) jamsthebest - pixabay - cc0 Public Domain

Produkttests oder -empfehlungen bestimmen im hohen Maße die Internetauftritte von Influencern. Wegen des Vorwurfs der Schleichwerbung mussten sich einige Internetstars in Deutschland bereits vor Gericht verantworten. Die Rechtsprechung weist jedoch in unterschiedliche Richtungen und auch ein Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums scheint ungeeignet, um für mehr Transparenz zu sorgen.

Die Hochschule der Medien in Stuttgart hat im Auftrag der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) in einem kommunikationswissenschaftlichen Gutachten bereits 2018 untersucht, inwieweit sich Influencer, die bei Kindern und Jugendlichen beliebt sind, in sozialen Medien mit direkten Kaufappellen an ihre Follower richten. Die verantwortlichen Wissenschaftler konzentrierten sich dabei auf die Plattformen YouTube, Instagram, Snapchat und Musical.ly. Ein Ergebnis: In fast jedem zweiten veröffentlichten Inhalt der untersuchten Stichprobe tauchten Produkte auf. „Das Segment“, so heißt es im Gutachten, „ist geprägt von einer hohen Intransparenz.“ Posts mit bezahlten Inhalten seien schwer von solchen zu unterscheiden, in denen der Influencer unabhängig und aus freien Stücken über ein Produkt berichte. „Gerade Kindern und Jugendlichen dürfte diese Differenzierung Probleme bereiten“, schlussfolgern die Wissenschaftler. 

Uneinheitliche Rechtsprechung

Die Frage, wann es sich um einen werblichen Inhalt eines Influencers handelt und wann nicht, beschäftigte zuletzt auch deutsche Gerichte – mit unterschiedlichem Ausgang. Geklagt hatte in mehreren Fällen der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW), unter anderem gegen Mode-Influencerin Cathi Hummels und Fitness-Influencerin Pamela Reif. Beide hatten auf Instagram Fotos veröffentlicht, auf denen sie abgebildete Produkte oder getragene Kleidung erkennbar über Tags mit Internetseiten der Hersteller verlinkt hatten. Diese hatten sie jedoch nicht als Werbung markiert, da sie eigenen Angaben zufolge für die Verlinkung keine Gegenleistung erhalten hatten. Während das Landgericht Karlsruhe entschied, dass Pamela Reif solche Inhalte trotzdem grundsätzlich als Werbung kennzeichnen müsse, urteilte das Landgericht München in Hummels‘ Fall zu ihren Gunsten. Ohne Gegenleistung müsse sie Beiträge nicht als Werbung kennzeichnen. 

Die uneinheitliche Rechtsprechung hat nun das Wirtschaftsministerium in seinem Gesetzesentwurf zur Änderung des Telemediengesetzes aufgegriffen. Durch sie, so heißt es in der Begründung zum Entwurf, bestehe „die Gefahr, dass die betroffenen Personenkreise auch redaktionelle Beiträge aus Angst vor Abmahnungen als Werbung kennzeichnen“. Dies wiederum sei bedenklich mit Blick auf die Meinungs-, Informations- und Medienfreiheit. 

Medienkompetenz bleibt entscheidend

Der Gesetzesentwurf scheint jedoch ungeeignet, mehr Klarheit zu schaffen. Als eindeutig nicht-kommerzielle Handlung gilt demnach lediglich, wenn ein Influencer ohne Gegenleistung auf Profile eines befreundeten Nutzers in den sozialen Medien verlinkt. Handelt es sich um derartige Verlinkungen auf Profile von Unternehmen oder Organisationen, ist „weiterhin eine Einzelfallprüfung vorzunehmen“. Damit würde es auch zukünftig in der Verantwortung der Nutzer liegen, werbende Inhalte zu erkennen. Entscheidend bleibt daher wohl nach wie vor, dass sich Kinder und Jugendliche mit den wirtschaftlichen Interessen ihrer Internetstars auseinandersetzen. Lehrkräfte können zu diesem Zweck etwa werbende Beiträge dieser beispielhaft mit ihren Schülerinnen und Schülern besprechen. Auf diese Weise können sie mithilfe real existierender und vermutlich bekannter Posts Kinder und Jugendliche dafür sensibilisieren, wie Influencer arbeiten, und sie anregen, geteilte Inhalte kritisch zu hinterfragen.  

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