Spielerische Lernansätze besitzen großes Erfolgspotenzial, auch im Bereich der Verbraucherbildung. Mit Computerspielen lassen sich beispielsweise Medienkompetenzen sowohl direkt als auch indirekt fördern, sagt Ines Sura, Juniorprofessorin für Medienpädagogik und Medienbildung an der Universität Greifswald.
„Spielen ist anthropologisch konstant“, so Juniorprofessorin Sura. Schon immer eigneten sich Menschen die Welt spielerisch an. Darauf baue etwa das Konzept des Game-based Learning auf: Dabei kommen Lernspiele, sogenannte Serious Games, zum Einsatz, die nicht ausschließlich der Unterhaltung dienen, sondern vor allem Wissen vermitteln und Kompetenzen fördern sollen. Lerninhalte können bestimmte Probleme sein, die die Spielenden bewältigen müssen, um zu gewinnen oder im Spiel voranzukommen.
Mit diesem Ansatz sind laut Sura verschiedene Vorteile verbunden: Spielerische Lernsettings sollen die Lernbereitschaft fördern und dazu beitragen können, diese auch zu erhalten. Computerspiele seien zudem „von Natur aus interaktiv“ und erfüllten somit eine grundlegende Lernvoraussetzung: „Wenn man etwas lernen möchte, muss man sich mit dem Gegenstand aktiv auseinandersetzen“, sagt Sura. Darüber hinaus förderten sie bereits informell die Kompetenzen, die als entscheidend gelten, um in der mediatisierten Welt zurechtzukommen: Kooperation, Kreativität, Kommunikation und kritisches Denken. „Selbst, wenn sie diese nicht zum Thema haben, springt beim Computerspielen was für die 4Ks bei raus.“
Unterstützung für den Primarbereich
„Gerade für die Altersgruppe bis zehn Jahren fehlt es an Angeboten zur Medienkompetenzförderung“, sagt Juniorprofessorin Ines Sura. Um dies zu ändern hat sie, mit finanzieller Unterstützung der Techniker Krankenkasse, das Medienkompetenzportal „Medienuniversum“ für Grundschullehrkräfte aufgebaut. Neben Unterrichtsideen samt konkreter Anleitungen und zugehörigen Materialien wie interaktiver Arbeitsblätter finden Lehrer:innen dort auch passende Hintergrundinformationen – aufbereitet in Text- und Video-Beiträgen. Zum Portal gehört zudem die kostenfreie medienpädagogische Kreativ-App „Medienplanet“, die sich an die Grundschüler:innen richtet und mit einer kindgerechten Narration eine „Mischung aus Muppet Show und Star Wars Universum“ bietet. Mit ihr reflektieren die Kinder ihre eigene Mediennutzung, und lernen, wie sie selbst Videos und Podcasts produzieren können.
Lehrkräfte, die die Vorteile spielerischen Lernens im Schulkontext nutzen wollen, stehen allerdings vor zwei Herausforderungen: Das grundlegende Merkmal des Spielens – die Freiwilligkeit – gehe im Bildungskontext verloren. „Es ist ja so, dass Lehrer:innen den Raum dafür schaffen und im schlechtesten Fall auch vorschreiben, welches Spiel zu spielen ist“, erklärt Ines Sura. Hinzu komme, dass Kinder den eigentlichen Zweck eines Lernspiels sehr schnell durchschauen, und „aus eigenem Antrieb heraus eher ungern Spiele spielen, die höchst offiziell zum Lernen deklariert sind“.
Medienprofessorin Sura empfiehlt daher, im Unterricht offen mit den Zielen von Lernspielen umzugehen und sie aktiv als ein Lernmittel einzusetzen, statt zu versuchen, „Brokkoli mit Schokolade zu überziehen“. Damit die Schüler:innen das Spielen trotzdem nicht als lästige Pflicht wahrnehmen, sollten Lehrkräfte die Spieldauer relativ kurz halten, zwischen fünf und zehn Minuten, so Sura. „Sie brauchen also Spiele, die möglichst niederschwellig sind, damit die Schülerinnen und Schüler schnell reinkommen, aber trotzdem genügend Tiefe besitzen, damit es auch was zu lernen gibt.“ Die kurze Spielzeit ließe zudem ausreichend Raum für eine anschließende Reflektionsrunde. „Es lohnt sich immer, mal einen Schritt zurückzugehen und auf das Spiel an sich zu schauen: Wie versucht das Spiel, dir etwas beizubringen? Welche Mechanismen stecken dahinter? Man kann auch die Inhalte des Spiels überprüfen: Sind die überhaupt korrekt oder wurde die Komplexität zugunsten der Spielbarkeit oder des Spielspaßes reduziert?“
Über die Reflektion der Spielemechanismen können Lehrer:innen noch auf einen weiteren spielerischen Lernansatz zurückgreifen, das Creative Gaming. Dabei ist es Aufgabe der Schüler:innen, entweder einzelne herausgearbeitete Elemente eines Computersiels für eigene Zwecke zu modellieren oder selbst Computerspiele zu programmieren, zum Beispiel Lernspiele zur Medienbildung. Inzwischen gebe es reichlich kostenfreie und einfach handhabbare Software, die dabei unterstützt – Jump-and-Run-, Point-and-Click- oder auch Roleplay-Maker, so Sura. „Creative Gaming ist ein ganz schöner Ansatz, der sich auch schon für die Kita eignet, weil es auch darum geht, digitale Spielelemente in die non-digitale Welt zu übertragen.“
Spieletipps
Die Broschüre „Digitale Spiele – Pädagogisch beurteilt“ der Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW bietet Fachkräften und Eltern seit über 30 Jahren einen Überblick über die aktuelle Spielelandschaft samt Bewertung der Spielinhalte und Altersempfehlungen. Das Ziel: „jungen Menschen ein gutes Aufwachsen mit Medien zu ermöglichen“, wie es auf der Internetseite des Bundesfamilienministeriums dazu heißt. Ausgabe 30 präsentiert zu diesem Zweck zusätzlich die Rubrik „Spielend lernen“, die unter anderem drei kostenfreie digitale Spiele zur Medienbildung vorstellt:
- KryptoKids (ab 8 Jahren, Fokus: Datenschutz),
- Elli online (ab 10 Jahren, Fokus: Gefahren im Internet) und
- Leons Identität (ab 12 Jahren, Fokus: Radikalisierung im Internet).
Medienprofessorin Ines Sura empfiehlt darüber hinaus noch das Online-Spiel „DataDealer“, bei dem die Spielenden in die Rolle von Daten-Händler:innen schlüpfen.