Cybermobbing, Hate Speech und Datenmissbrauch gehören zu den Gefahren des Internets. Um junge Menschen für diese Risiken zu sensibilisieren, haben zehn Jugendliche der Jugendpflege Ostercappeln in Niedersachsen mit Unterstützung einen kostenfreien, interaktiven Social Media-Krimi entwickelt – und damit sogar die Jury des Dieter Baacke Preises beeindruckt, der bundesweiten Auszeichnung für medienpädagogische Projekte.
„Who am I“ heißt der ausgezeichnete Social Media-Krimi, der im Ablauf einem digitalen Escape Game ähnelt und sich an junge Menschen im Alter von zehn bis 16 Jahren richtet. Die Spielenden schlüpfen in die Rolle der Hauptperson, die ohne Erinnerung im Krankenhaus erwacht und zu rekonstruieren versucht, was passiert ist und wer sie ist. Auf der Suche nach Antworten hilft der Blick ins Handy: gespeicherte Fotos, alte WhatsApp-Chats und Social Media-Profile geben wichtige Hinweise, um verschiedene Rätsel zu lösen. Dabei thematisiert das interaktive Spiel indirekt die Bedeutung des Datenschutzes und direkt die Gefahr des Cybermobbings. Damit spiegele das Projekt „Who am I“ das Thema der Sonderkategorie 2021 des Dieter Baacke Preises wider: „Love & Hate – Interaktionsrisiken kreativ aufgreifen“, so urteilt die Jury.
„In der medienpädagogischen Projektarbeit stellt sich häufig die Frage, wie man Medienkompetenzen von Jugendlichen fördern kann, ohne den sprichwörtlichen pädagogischen Zeigefinger zu erheben“, erklärt Jurymitglied Horst Pohlmann, Dozent für Medienpädagogik der Akademie der kulturellen Bildung. Der Social Media-Krimi „Who am I“ sei mit seiner spielerischen Vermittlungsform eine Möglichkeit dies zu erreichen. Die spannende Rahmengeschichte, zum Teil durch kurze Videoclips erzählt, und die rückwärtsgewandte Erzählweise, bei der die Spielenden die Geschehnisse von hinten aufrollen müssen, motivieren und laden zum Entdecken ein, so Pohlmann in seiner Laudatio.
Entwickelt haben das interaktive Online-Spiel zehn Jugendliche ab zwölf Jahren der Jugendpflege Ostercappeln unterstützt vom Verein LAG Jugend & Film Niedersachsen sowie der Deutschen Telekom Stiftung, die das Projekt im Rahmen des Programms „Ich kann was!“ gefördert hat. Der Krimi ist so aufgebaut, dass die Spielenden die Informationen zur Identität der Hauptperson, ihrem Wohnort, ihren Freunden und Hobbies sowie den Grund für den Krankenhausaufenthalt zum Großteil in den sozialen Medien finden. Am Ende warten daher einige Fragen, die junge Menschen anregen sollen, das eigene Nutzungsverhalten kritisch zu reflektieren und die beispielsweise Lehrkräfte zu diesem Zweck im Unterricht aufgreifen können:
- Ob man von Glück reden kann, dass man die vergangenen Tage in Alex Leben so einfach rekonstruieren konnte?
- Was würde man über dich im Internet herausfinden?
- Hast du vielleicht selbst auch schon schlechte Erfahrungen mit Social Media gemacht?
Ergänzend zum Krimi haben die jugendlichen Spiele-Entwickler:innen zudem eine Online-Pinnwand zusammengestellt, mit deren Hilfe Jugendliche Informationen finden, um sich kompetent im Internet bewegen und somit die Fehler der Spielcharaktere vermeiden zu können. Diese bietet nicht nur Tipps, wie sich die Privatsphäre in sozialen Netzwerken schützen lässt, sondern auch Hilfsangebote für junge Menschen, die von Cybermobbing betroffen sind. Online-Krimi und -Pinnwand stehen jeweils kostenfrei zur Verfügung.
Der Dieter Baacke Preis
Mit dem Dieter Baacke Preis zeichnen die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) herausragende medienpädagogische Projekte aus. Das Ziel: Methoden zu würdigen und bekannt zu machen, die Kindern und Jugendlichen einen kreativen, kritischen Umgang mit Medien vermitteln und ihre Medienkompetenz fördern. Der Wettbewerb richtet sich an Projekte außerschulischer Träger wie Jugendzentren und Kindergärten sowie Kooperationsprojekte zwischen schulischen und außerschulischen Trägern. Der Dieter Baacke Preis wird in sechs Kategorien vergeben, die mit jeweils 2.000 Euro dotiert sind:
- Kategorie A: Projekte von und mit Kindern (0- bis 13-Jährige)
- Kategorie B: Projekte von und mit Jugendlichen (14- bis 21-Jährige)
- Kategorie C: Interkulturelle und internationale Projekte
- Kategorie D: Inklusive und intersektionale Projekte
- Kategorie E: Netzwerkprojekte
- Kategorie F: Sonderpreis (das jährlich wechselnde Thema wird jeweils im Frühjahr eines Jahres bekanntgegeben)