Wie sich Menschen ernähren, beeinflusst nicht nur ihre Gesundheit, sondern auch das Klima. Das eigene Ernährungsverhalten bietet somit viel Potenzial, im Alltag nachhaltig zu handeln – für sich selbst und die Umwelt. Eine günstige Ausgangslage, bisherige Nahrungspräferenzen zu verändern, besitzt Forschungen zufolge die schulische Ernährungsbildung. Diese könne Kinder nicht nur frühzeitig erreichen, der Lernort Schule ermögliche auch den Kontakt zu Gleichaltrigen, deren Einfluss mit zunehmendem Alter an Bedeutung gewinne. Peerprojekte im Schulbereich bieten daher einen vielversprechenden Ansatz, gesunde und nachhaltige Ernährungsweisen zu fördern.
Peer-to-Peer-Ansätze realisieren Bildung auf Augenhöhe: Mitglieder einer Alters- oder Statusgruppe wie etwa jugendliche Schüler:innen teilen dabei zuvor erworbenes Wissen sowie Erfahrungen mit Mitschüler:innen. Auf dieses Vorgehen im Schulkontext setzt vielfach das Land Baden-Württemberg, unter anderem mit dem Schülermentorenprogramm „Nachhaltig essen“. Dieses ist Teil der landeseigenen Ernährungsstrategie und verfolgt das Ziel, Schüler:innen zu Botschafter:innen einer nachhaltigen Ernährung für ihre Mitschüler:innen auszubilden. „Die Jugendlichen sind auf einem ähnlichen Erfahrungsstand und akzeptieren einander. Dies schafft eine hohe Glaubwürdigkeit zwischen den Jugendlichen und begünstigt die gewünschte Wissensvermittlung“, erklärt das Landeszentrum für Ernährung Baden-Württemberg, das das Programm im Auftrag des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz begleitet. Die Qualifikation der Schülermentor:innen „Nachhaltig essen“ realisieren die 35 Landratsämter in Baden-Württemberg, Fachbereich „Untere Landwirtschaftsbehörde“, im jeweiligen Landkreis.
Im Mittelpunkt der Mentorenausbildung für Schüler:innen aus den Jahrgangsstufen 7 bis 9 stehen „die vier Dimensionen einer nachhaltigen Ernährung: Gesundheit, Ökonomie, Ökologie und Soziologie“, so das Landeszentrum für Ernährung. Das vielperspektivische Vorgehen beruhe auf der Definition für nachhaltige Ernährung des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz. Demnach sollte eine nachhaltigere Ernährungsweise „kulturell akzeptabel, zugänglich, wirtschaftlich fair und erschwinglich, ernährungsphysiologisch angemessen, sicher und gesund sein“ sowie gleichzeitig „durch ihre geringen Umweltauswirkungen (...) zur Ernährungssicherheit und zum gesunden Leben heutiger und künftiger Generationen beitragen“. Nachhaltige Ernährung sollte daher „ganzheitlich und interdisziplinär gedacht und vermittelt werden“, heißt es von Seiten des Landeszentrums für Ernährung.
Die angehenden Mentor:innen lernen, wie sich ihre Ernährung auf ihre Gesundheit sowie ihre Umwelt auswirkt und wie sie sich nachhaltig ernähren können. Dabei befassen sie sich unter anderem mit der Herkunft von Lebensmitteln, wobei gilt: lieber saisonal und regional statt importiert aus Übersee. Wie sich Lebensmittelabfälle vermeiden lassen und welche Probleme mit Verpackungsmüll einhergehen, sind weitere Inhalte, die die Jugendlichen im Zuge ihrer Qualifikation beschäftigen. Darüber hinaus entwickeln sie Ideen, wie sich die Schulverpflegung nachhaltig gestalten lässt. „Es werden Themen behandelt, die für die Jugendlichen aktuell und an ihre Bedürfnisse angepasst sind, wodurch die Motivation und das Engagement für die Projekte sehr hoch sind“, so die Erfahrung des Landeszentrums für Ernährung. Regelmäßige Reflexionsphasen sollen das Verständnis der Teilnehmer:innen vertiefen, ihren Lernfortschritt hervorheben und somit ihr Selbstbewusstsein stärken.
Zurück an der Schule ist es dann Aufgabe der Schülermentor:innen mit Unterstützung der betreuenden Lehrkraft, Projekte zu organisieren und umzusetzen, um nachhaltige Ernährung und ihre Vorteile im Schulumfeld bekannt zu machen. „Hier sind schon tolle Ideen entstanden, zum Beispiel eine Initiierung von Fair-Trade-Wochen beim Schulkiosk, Pausenaktionen zum Thema gesundes und nachhaltiges Vesper oder die Organisation einer Schnippeldisko, bei der krummes Obst und Gemüse, das vom Erzeuger oder vom Handel aussortiert wurde, bei coolen Beats gemeinsam verarbeitet, zubereitet und verzehrt wird“, so das Landeszentrum für Ernährung Baden-Württemberg. Gerade diese Möglichkeit, sich selbstständig mit eigenen Ideen und Lösungen einbringen zu können, sei laut Landeszentrum für den Erfolg des Peer-Projekts entscheidend.