Schüler:innen brauchen journalistische Fähigkeiten – davon ist Lehrerin und Medienpädagogin Kerstin Schröter überzeugt. Informationen recherchieren, analysieren und bewerten zu können, sei ein entscheidender Bestandteil von Medienkompetenz. Um diese Fähigkeiten zu fördern, nutzt die ehemalige Journalistin nicht nur ihren eigenen Fachunterricht, sondern engagiert sich auch im bundesweiten Netzwerk „Journalismus macht Schule“.
„Wenn junge Menschen Informationen suchen, dann vor allem in Social Media-Angeboten, zum Beispiel bei Influencern und YouTubern“, sagt Kerstin Schröter, Lehrerin an der Staatlichen Fachschule für Sozialpädagogik – Fröbelseminar – in Hamburg, und verweist auf die Ergebnisse der Studie „#UseTheNews – Nachrichtennutzung und Nachrichtenkompetenz im digitalen Zeitalter“ des Leibniz-Instituts für Medienforschung. Demnach findet es die Hälfte der 14- bis 24-jährigen nicht wichtig, sich über aktuelle Geschehnisse in journalistischen Medien zu informieren. Deswegen sei es entscheidend, dass Jugendliche News von Fake-News unterscheiden könnten. „Die Schule muss die Grundlagen vermitteln: Wo finde ich gute Informationen, wie kann ich sie gegenchecken?“, so Schröter, die auch Erfahrungen als Lehrerin einer Stadtteilschule hat. Diese Grundlagen sollten Jugendliche möglichst früh erwerben, denn sie bildeten die Basis, sich Wissen anzueignen.
Als Deutsch- und Gesellschaftslehrerin hat sich Schröter angewöhnt, mit ihren Schüler:innen einmal pro Woche eine halbe Stunde lang Zeitungen und Zeitschriften im Unterricht zu lesen – gedruckt, nicht online. „Das hat sich bewährt, vor allem, wenn man kein WLAN hat oder zu wenige Geräte zur Verfügung stehen. Außerdem finden die Jugendlichen in einem Printmedium schneller und ohne Ablenkung Nachrichten als auf dem Tablet.“ Aus Schröters Sicht fügt sich das Zeitunglesen problemlos in den Fachunterricht ein: „In dieser halben Stunde trainieren die Jugendlichen ihre Grundkompetenzen; die Lesekompetenz wird geschult, der Wortschatz erweitert und wir können über den Inhalt sprechen oder die Sprache analysieren.“ Darüber hinaus informierten sich die Schüler:innen über aktuelle Geschehnisse in Politik, Wirtschaft oder Wissenschaft. „Gute journalistische Texte sind eine Fundgrube für den Unterricht“ – doch nicht nur diese.
In ihren Medienkursen und dem Fachunterricht greift Schröter auch Falschmeldungen auf. Neben dem Deutschunterricht und den Gesellschaftswissenschaften erkennt sie dafür Anknüpfungspunkte im Mathematikunterricht. Dieser eigne sich beispielsweise, um mit den Schüler:innen gefälschte oder falsch interpretierte Statistiken zu analysieren. „Und für den Englischunterricht hat uns Trump natürlich eine Menge Material geliefert.“ Ein Kollege habe auch mal einen aktuellen Fake News-Fall im Fach Theater aufgearbeitet. Die Motivation der Schüler:innen, so Schröters Erfahrung, sei beim Thema Fake News – und politischen Themen allgemein – in der Regel kein Problem, da sie diese „spannender finden, als wir denken“.
Im Unterricht haben Lehrer:innen dann die Wahl: Sie können mit Fake News-Beispielen arbeiten, die die Schüler:innen mitgebracht haben, oder auf Webseiten von Initiativen zurückgreifen, die Fake News professionell als solche enttarnen wie der Verein mimikama, das Recherchezentrum Correctiv oder die ARD mit ihrem ARD-Faktenfinder. Für Lehrkräfte, die selbst nicht auf journalistische Vorerfahrung zurückgreifen können, hat Schröter das Padlet „Fake News erkennen“ zusammengestellt, auf dem Lehrer:innen unter anderem Hintergrundinformationen, Beispiele für Falschmeldungen sowie Lernmaterialien finden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, sich Expert:innen zur Unterstützung in den Unterricht einzuladen, etwa mithilfe des Netzwerks „Journalismus macht Schule“. Der Verein zur Förderung von Informations- und Nachrichtenkompetenz vermittelt unter anderem Unterrichtsbesuche von Journalist:innen. Diese zeigen – wie Kerstin Schröter in ihrem Unterricht – den Schüler:innen die Grundlagen journalistischer Arbeit: Sie üben mit ihnen, präzise zu recherchieren, Fake News zu erkennen und letztlich quellenkritisch zu sein.
Das Netzwerk „Journalismus macht Schule“
Im Jahr 2020 haben sich viele Medien und Bildungsorganisationen zum bundesweiten Bündnis „Journalismus macht Schule“ zusammengeschlossen. Der Verein will helfen, die Informations- und Nachrichtenkompetenz von Schüler:innen zu fördern. Dafür bündeln die Beteiligten Erfahrungen und Unterrichtsmaterialien – beispielsweise zum Thema Fake News – auf der Internetseite des Vereins und vermitteln Unterrichtsbesuche von Journalist:innen. Das Ziel: in einer koordinierten und nachhaltigen Anstrengung von Journalist:innen sowie Lehrkräften, Schüler:innen zu kompetenten Akteur:innen in der demokratischen Öffentlichkeit zu machen.
Weitere Informationen, Videos von Unterrichtsbesuchen sowie die Möglichkeit, Journalist:innen für den Unterricht zu buchen, bietet die Webseite der Initiative. Dort finden Interessierte zudem Details zur ersten bundesweiten Konferenz zum Thema Nachrichten- und Informationskompetenz am 1. und 2. April 2022, zu der das Bündnis Lehrkräfte nach Berlin einlädt.