Grundsätze für den Abschluss von Verträgen, Mindeststandards für die Hersteller von Produkten, Gesetze zur Verhinderung von unlauterem Wettbewerb: Verbraucherrechte spielen in Deutschland an vielen Stellen eine Rolle – und sind ständig im Wandel. Wie Schule damit umgehen kann und was der digitale Wandel für die Vermittlung von Verbraucherrechten bedeutet, weiß der Direktor der Bayreuther Forschungsstelle für Verbraucherrecht, Prof. Martin Schmidt-Kessel. Fünf Fragen an ihn.
1. Herr Prof. Schmidt-Kessel: Die Vermittlung von Verbraucherrechten – spielt die in der Schule eigentlich eine Rolle?
Für Bayern kann ich sagen: ja. An Gymnasien werden Verbraucherrechte hier im Fach „Wirtschaft und Recht“ relativ ausführlich behandelt, vor allem in den Klassen 9 und 12. Da lernen die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel, wie unsere Rechtsordnung und der Verbraucherschutz funktionieren, welche Rechte sie als Käufer einer Ware haben, wo ihnen Widerrufsrechte zustehen.
2. Auf ihre künftige Rolle als Konsumenten werden Schüler also gut vorbereitet?
Zumindest in Bayern. Aber auch hier stehen die Schulen bei der Vermittlung von Verbraucherrechten vor einem generellen Problem: der Geschwindigkeit, mit der diese Rechte geändert werden. Diese operative Hektik des Gesetzgebers ist oft reine Symbolpolitik. Und sie zeichnet mitverantwortlich dafür, dass das Wissen über Verbraucherrechte nur eine kurze Halbwertzeit haben kann.
3. Wie können Schulen mit diesem Wandel umgehen?
Sie sollten sich beim Verbraucherrecht auf wesentliche Kernpunkte beschränken. Ganz praktisch: Kinder sollten wissen, dass sie außer mit ihrem Taschengeld keine wirksamen Verträge ohne ihre Eltern abschließen können. Dass sie immer den Rechtsweg beschreiten können, wenn ein Vertragspartner seine Leistung nicht anständig erbringt. Und mit dem immer rasanter werdenden digitalen Wandel müssen sie auch lernen, ein Gespür für den Wert ihrer Daten und ihre Verwendung zu entwickeln. Da haben viele Lehrpläne leider noch Leerstellen.
4. Wie hilft dieses „Gespür“ bei der Durchsetzung von Verbraucherrechten?
Wenn wir Geld ausgeben, erwarten wir zu Recht eine Gegenleistung dafür. Bei den Daten, die wir im Internet über uns preisgeben, haben wir diese Erwartung nicht – obwohl sie viel Geld wert sind. Solange wir dafür kein Gespür haben, können wir nur schwerlich einschätzen, ob wir übervorteilt werden. Wir müssen die Marktmechanismen der digitalen Welt also zunächst verstehen lernen, um die Wertigkeit unserer Verbraucherrechte überhaupt einschätzen zu können.
5. Ab wann und wie sollte das im Unterricht aufgegriffen werden?
Damit kann Schule – auch schon spielerisch die Grundschule – nicht früh genug anfangen. In weiterführenden Schulen kann das zum Beispiel heißen, Kinder in der Fußgängerzone Passanten befragen zu lassen, wie die den Wert ihrer Daten einschätzen. Das Ergebnis ist zweitrangig. Wichtig ist, dass die Kinder früh anfangen darüber nachzudenken, welchen Gegenwert sie für die Preisgabe ihrer Daten als angemessen erachten. Nur so können sie eine Vorstellung davon entwickeln, ob sie in der digitalen Welt eventuell benachteiligt werden – um dagegen dann mit den ihn zustehenden Rechten vorzugehen.