Von der 1. Klasse bis zum Abitur: Schulgartenprojekte bieten zahlreiche Vorteile, nicht zuletzt für die Gesundheit. „Es ist ein Gesamtpaket, und da gibt es viele Untersuchungen, die das mittlerweile belegen“, sagt Carolin Retzlaff-Fürst, Professorin für Didaktik der Biologie an der Universität Rostock und Mitglied im Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft Schulgarten e. V. Das Netzwerk unterstützt bundesweit Menschen, die sich in der Schulgartenarbeit engagieren. Dabei ist Retzlaff-Fürst eine Botschaft besonders wichtig: Um von den Vorteilen der Schulgartenarbeit profitieren zu können, ist die Größe der Anbaufläche nebensächlich, wichtig ist der Wille, „mal was auszuprobieren“.
Bodentiere bestimmen und zeichnen, Blumenwiesen kartieren, die Fläche des Gemüsebeets berechnen oder Gedichte über Bienen verfassen – „der Schulgarten bietet für alle Fächer Ansatzpunkte, um den Bildungsauftrag der Schule zu erfüllen“, sagt Professorin Retzlaff-Fürst. Darüber hinaus unterstütze die Arbeit im Schulgarten die soziale, emotionale sowie psychomotorische Entwicklung von Schüler:innen, begünstige nachhaltiges Handeln und fördere die Gesundheitsbildung.
„Das sozial-emotionale Lernen ist davon abhängig, dass die Schülerinnen und Schüler miteinander arbeiten, das ist im Schulgarten per se gegeben“, erklärt Retzlaff-Fürst. Eine aktuelle empirische Forschungsarbeit am Lehrstuhl zeige etwa, dass Schüler:innen im Schulgarten signifikant mehr miteinander kommunizieren, als wenn derselbe Unterricht im Klassenraum stattfindet. Befragt nach ihren Erfahrungen und Emotionen gaben die Lernenden außerdem an, dass sie sich im Schulgarten wohlfühlen, dort gerne miteinander arbeiten und mehr Rücksicht aufeinander nehmen – „sie also wirklich sozial kompetenter agieren“. Des Weiteren fördere die Bewegung und die körperliche Arbeit im Schulgarten die Koordination sowie die allgemeinen motorischen Fähigkeiten. „Und wenn sich die Schülerinnen und Schüler erst einmal bewegt haben, sind sie auch kognitiv wieder aktiver und können sich besser konzentrieren.“
Mit Blick auf die Gesundheit wirke die Schulgartenarbeit positiv auf das Herzkreislaufsystem, so die Professorin. Zudem: „Allein das draußen Sein beeinflusst den Körper direkt: Wenn ich in einer grünen Umgebung bin, dann spüre ich, dass sich die Temperatur verändert, dass die Luft eine andere Qualität hat.“ Zusätzlich biete der Schulgarten einen Anlass, mit den Schüler:innen die Grundlagen einer ausgewogenen Ernährung zu besprechen. „Da kommt auch ein sozialer Faktor ins Spiel: Wenn das selbst gezüchtete Gemüse gemeinsam gekocht und gegessen wird, probieren Schülerinnen und Schüler eventuell Gemüse, das sie zu Hause nicht essen.“
Gleichzeitig steigere die Arbeit im Schulgarten die Wertschätzung gegenüber Lebensmitteln, sagt Carolin Retzlaff-Fürst. „Die Schülerinnen und Schüler lernen, wo das Gemüse herkommt, wie lange der Anbauprozess dauert und wie viel sie benötigen, um daraus etwas kochen zu können.“ An diese Erfahrungen könnten Lehrkräfte abhängig vom Alter verschiedene Diskussionen anschließen: Wie können wir nachhaltig handeln? Wie können wir gewährleisten, dass alle Menschen auf der Welt genügend Nahrung haben?
Doch mit diesen Vorteilen sei einiges an Arbeit verbunden, so Retzlaff-Fürst. Sie empfiehlt daher, einen Schulgarten als Schulprojekt anzugehen, für das sich die gesamte Schulgemeinschaft verantwortlich fühlt. „Verteilen sich die Aufgaben auf viele Beteiligte, lässt sich ein Schulgarten gut aufrechterhalten.“ Biete das Schulgelände selbst keinen passenden Ort für ein Beet, eigneten sich Hochbeete als Alternative. „Es müssen keine 400 Quadratmeter Nutzgarten mit akkuraten Reihen sein. Man kann auch schlicht einen Eimer nehmen oder einen alten Kartoffelsack, um etwas anzubauen.“ Schulklassen könnten beispielsweise der Frage nachgehen, wo Kartoffeln besonders gut wachsen: im Eimer, im Kartoffelsack oder im Hochbeet? „Ein Garten ist ein Ort, an dem ausprobiert wird. Wenn man sich miteinander auf den Weg macht und Spaß daran hat, entsteht daraus immer was Gutes.“
Unterstützung für Schulen
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Schulgarten (BAG Schulgarten) ist ein ehrenamtlich agierender Verein, der bundesweit Multiplikator:innen und andere Aktive in der Schulgartenarbeit unterstützt. Er koordiniert die Aus- und Weiterbildung in diesem Bereich und beteiligt sich konzeptionell an der Entwicklung von Lehrplänen.
Interessierten Schulleitungen und Lehrkräften vermittelt die BAG Schulgarten bei Fragen rund um das Thema Ansprechpartner:innen im jeweiligen Bundesland. Zusätzlich steht die Jahrestagung des Vereins auch Nicht-Mitgliedern offen.