Hessen hat ein neues Schulgesetz: Ende 2022 billigte der Landtag die 13. Schulgesetznovelle. Seitdem gehören Finanzbildung und Verbraucherschutz zu den besonderen Bildungs- und Erziehungsaufgaben der Schulen des Landes. „Das ist ein sehr wichtiger Schritt“, sagt Peter Reinhardt, Referent für Verbraucherbildung der Verbraucherzentrale Hessen – hundertprozentig zufrieden ist er mit dem Ergebnis trotzdem nicht; er rechnet mit Schwierigkeiten bei der Umsetzung.
Finanzbildung und Verbraucherschutz finden sich in §6 Absatz 4 des hessischen Schulgesetzes wieder. Sie gehören damit zu den besonderen Bildungs- und Erziehungsaufgaben von Schulen, deren Inhalte Lehrkräfte fächerübergreifend vermitteln sollen. Wie Lehrer:innen dies in der Praxis ausgestalten, bleibt ihnen überlassen. Denn „über die inhaltliche und unterrichtsorganisatorische Umsetzung entscheidet die Gesamtkonferenz auf der Grundlage einer Konzeption der jeweils zuständigen Konferenz der Lehrkräfte.“ So steht es im Schulgesetz. „Für eine wirksame und systematische Umsetzung im Klassenzimmer braucht es mehr als nur die Benennung im Schulgesetz“, kritisiert Peter Reinhardt. Es fehle „ein Rahmenkonzept zur Verbraucherbildung, das konkrete Inhalte und Bildungsziele formuliert“.
Ein solches Rahmenkonzept hatte die Verbraucherzentrale Hessen schon im Zuge der Anhörung über die Änderung des Hessischen Schulgesetzes gefordert, um die konkrete fächerübergreifende Umsetzung in der Praxis zu erleichtern. Zwar umfasse Verbraucherbildung mit den Bereichen Finanzen, Ernährung, nachhaltiger Konsum sowie Medien ein vielfältiges Themenspektrum, doch die Möglichkeiten für die eigenen Unterrichtsfächer zu erkennen, sei eine Herausforderung, so Reinhardt. „Es ist natürlich naheliegend, über das Thema Umtausch und Reklamation im Wirtschaftsunterricht zu sprechen, aber man kann genauso gut im Deutschunterricht Reklamationsschreiben bearbeiten oder Algorithmen nicht nur im Informatikunterricht behandeln, sondern ihren Einfluss auch im Fach Ethik thematisieren.“ Diese Potenziale zu erkennen, dabei helfe die Verbraucherzentrale Hessen.
Ob Beratung, Unterrichtskonzepte, Lehr- und Lernmaterialien oder Workshops für Schulklassen – das Unterstützungsangebot der Verbraucherzentrale für Lehrer:innen ist breit aufgestellt. „Wir sind in Hessen auch als Weiterbildungsanbieter zertifiziert und planen vor dem Hintergrund der Schulgesetzänderung unser Angebot an Lehrkräftefortbildungen auszuweiten“, sagt Reinhardt. Er verweist zudem auf das bundesweite „Netzwerk Verbraucherschulen“ des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), dem sich Schulen kostenfrei anschließen können. „Darüber können sie dann auch von unserem Bundesverband Materialien und Unterstützung erhalten“. Neben Anregungen für die Praxis gehören regelmäßige Online-Fortbildungen sowie Möglichkeiten zum Austausch mit den anderen rund 400 Netzwerkschulen dazu.
Als wichtigste Plattform für hessische Lehrkräfte bewertet Peter Reinhardt den Materialkompass des vzbv. Mit diesem Rechercheinstrument finden Lehrkräfte Unterrichtseinheiten zu den Themen der Verbraucherbildung. Das Besondere: Alle Inhalte sind auf Basis eines wissenschaftlich evaluierten Bewertungsrasters auf ihre fachliche, methodisch-didaktische und gestalterische Qualität sowie ihre Unabhängigkeit geprüft. „Das Problem ist nämlich nicht, dass es zu wenig Materialien gibt, sondern dass einige der zur Verfügung stehenden Materialien – gerade, wenn es um Finanzthemen geht – mit kommerziellen Interessen verknüpft sind.“ Verbraucherbildung sollte aber immer unabhängig sein, betont der Bildungsreferent.
Für Lehrkräfte bedeute das, im Unterricht auf Empfehlungen zu verzichten und nicht zu belehren oder zu verurteilen, so Reinhardt. „Natürlich gibt es Lebensmittel, die objektiv nicht gesund sind. Es geht bei Verbraucherbildung aber darum, bei den Schüler:innen eigene Erkenntnisse zu fördern, auf denen sie informierte Entscheidungen treffen können; nicht um Verbote.“ Wie sich die jungen Menschen letztlich entscheiden, liege weiterhin in ihrer Verantwortung.