Schule hat den Anspruch, inklusiv zu wirken und allen Kindern und Jugendlichen dieselben Lernchancen zu eröffnen. In der Praxis sieht das jedoch meist anders aus: Die meisten Unterrichtsmaterialien sind weder inklusiv noch barrierefrei gestaltet. Mit der neuen Barrierefreiheitsprüfung im Materialkompass trägt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) dazu bei, die Situation für Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen zu verbessern.
Die Kinderrechtskonvention und die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen formulieren eindeutig das Recht behinderter Menschen auf gleichwertige Teilhabe am Bildungssystem. Seit der Ratifizierung 2009 bemühen sich Bund und Länder darum, das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderungen zu ermöglichen, doch ist der überwiegende Anteil des Schulunterrichts nach wie vor personell, räumlich, technisch und inhaltlich nicht angemessen ausgestattet. Unterrichtsmaterialien sind nur in seltenen Ausnahmefällen barrierefrei gestaltet und somit nicht oder nur eingeschränkt nutzbar für Lernende mit körperlichen oder geistigen Behinderungen.
Mit dem Materialkompass, dem renommierten Portal für Unterrichtsmaterial der Verbraucherbildung, sendet der vzbv nun ein Signal in die Bildungslandschaft, die Barrierefreiheit von Unterrichtsmaterialien stärker zu fördern. Im Zuge der grundlegenden Überarbeitung des Materialkompasses wurde eine Prüfung der barrierefreien Gestaltung in die Gutachten der Materialien integriert. Künftig wird in den Fachgutachten über Unterrichtsmaterial zu lesen sein, welche Gestaltungselemente bereits barrierefrei umgesetzt sind. Auf diese Weise erhalten Lehrkräfte Hinweise, ob Material auch für Lernende mit beispielweise Seh- oder Hörbehinderungen nutzbar ist.
Die technische, gestalterische und inhaltliche Prüfung beinhaltet unter anderem die UA-Konformität von PDF-Dateien (Lesbarkeit für assistive Technologien), die Responsivität des Designs, die Navigation und alternative Steuerungsfunktionen sowie die Tastaturbedienbarkeit von Materialien. Bei audiovisuellem Material werden künftig Audiodeskriptionen und Untertitelungen überprüft, auch Alternativtexte und Kontraste von Bildelementen, korrekte Verlinkungen, sinnhafte Titel, Lesbarkeit und nicht zuletzt eine inklusive Sprache werden in Gutachten ausgewiesen.
Eine offizielle und zertifizierte Barrierefreiheitsprüfung können und sollen die Gutachten des Materialkompasses nicht ersetzen. In die Bewertung des Unterrichtsmaterials fließt die Barrierefreiheit daher auch noch nicht ein. Ziel der neuen Funktion ist es, Herausgeber zu motivieren, Barrierefreiheit künftig in der Entwicklung von Lernmaterial zu berücksichtigen. Dabei steht der vzbv mit dem Expert:innenteam des Materialkompasses gern unterstützend zur Seite.