Strom und Wärme aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind, Sonne oder Geothermie schonen nicht nur das Klima, sondern ermöglichen Ländern wie Deutschland, auf lange Sicht auf fossile Rohstoffe aus dem Ausland zu verzichten. Im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, in dem Russland die Gasimporte nach Deutschland als politisches Druckmittel nutzt, hat die Energiewende an Bedeutung gewonnen. Im Unterricht könne die aktuelle Energiekrise als Einstieg in das Thema Energiewende dienen, sagt Marie Hartmann, Referentin für Energiebildung bei der Verbraucherzentrale NRW. „Doch auch unabhängig davon, sollten sich Schüler:innen mit Blick auf den Klimaschutz mit den Grundlagen der Energiewende auseinandersetzen, damit sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten handlungsfähig sind und sie die Entwicklung aktiv vorantreiben können“.
Die Energiewende dient primär dem Ziel, die menschengemachten Treibhausgasemissionen zu reduzieren, um die Klimakrise einzudämmen. Dafür sollen immer weniger fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas zur Energiegewinnung Verwendung finden und stattdessen zunehmend erneuerbaren Quellen wie Sonne und Wind zum Einsatz kommen. Gleichzeitig gilt es, Energie effizienter und weniger zu nutzen. Vor dem Hintergrund des Angriffs Russlands auf die Ukraine wird die Energiewende zudem als Chance für mehr Energiesicherheit wahrgenommen.
„Damit Schüler:innen der Energiewende nicht ohnmächtig begegnen, sondern sie gestalten können, müssen sie informiert sein“, sagt Energiebildungsreferentin Hartmann. Zu den wichtigen Grundlagen gehöre, dass die jungen Menschen ein Verständnis dafür entwickeln, wie ihr Energieverbrauch das Klima beeinflusst, zum Beispiel, wo die Energie, die sie verbrauchen, herkommt. Dieser Bezug zur Lebenswelt erleichtere nicht nur den Zugang zum Thema, sondern ermögliche den Lernenden gleichzeitig, Anknüpfungspunkte für ihr eigenes Handeln zu entdecken. „Bei unseren Schul-Workshops und in unseren Bildungsmaterialien zum Thema machen wir deutlich, welche persönliche Relevanz das Thema für den Einzelnen hat.“ Die Herausforderung dabei: die Verantwortungsfrage zu klären. Das heißt, jungen Menschen verständlich zu machen, dass auch sie entsprechend ihrer individuellen Ausgangslage die Energiewende fördern können. Verlässliche Daten dazu bietet für den Unterricht in den höheren Klassen beispielsweise die Analyse des Endenergieverbrauchs des Umweltbundesamts.
Der Endenergieverbrauch beschreibt, wie viel umgewandelte Energie – sei es aus fossilen oder erneuerbaren Energiequellen – Verbraucher:innen etwa in Form von Strom, Wärme oder Kraftstoff in einem Jahr genutzt haben. In Deutschland lag dieser Wert laut Umweltbundesamt 2021 bei insgesamt 2.407 Terawattstunden Energie. Dieser Verbrauch lässt sich auf vier Bereiche aufteilen:
- 29 Prozent entfallen auf die Industrie,
- 27,8 Prozent auf private Haushalte,
- 27,1 Prozent auf den Verkehr und
- 16 Prozent auf den Sektor „Gewerbe, Handel und Dienstleistungen“.
Für etwas mehr als ein Viertel des Endenergieverbrauchs waren demnach private Haushalte verantwortlich, wobei sie den Großteil davon, nämlich rund 70 Prozent, benötigten, um Räume zu heizen. „Es geht darum, den Schüler:innen aufzuzeigen, dass – neben der Politik und Wirtschaft – wir alle im Rahmen unserer Möglichkeiten zur Energiewende beitragen können“, sagt Marie Hartmann – zum Beispiel durch Bemühungen, Energie einzusparen.
Ebenfalls wichtig sei es, die inhaltlichen Konflikte im Unterricht aufzugreifen, die mit erneuerbaren Energiequellen verbunden seien, wie beispielsweise der Vogel- und Fledermausschutz im Zusammenhang mit Windkraftanlagen, so Hartmann. „Hier hilft es, die Kritik in den Kontext zu setzen.“ Laut Medienberichten und Aussagen von Expert:innen wie vom Bundesamt für Naturschutz existieren etwa keine systematisch erhobenen Daten, wie viele Vögel beziehungsweise Fledermäuse deutschlandweit jährlich durch Windkrafträder sterben. Im Unterricht könnten Lehrkräfte die bisherige Studienlage thematisieren und mit den Lernenden Ideen diskutieren, wie sich Klima- und Artenschutz vereinbaren lassen.
Durch die politische, wirtschaftliche, soziale und ökologische Dimension der Energiewende eigne sie sich nicht nur als Thema für den naturwissenschaftlichen Unterricht. „Man kann sie abhängig vom Alter der Schüler:innen auf jeden Fall auch im Politik-, Sozialwissenschafts- oder Philosophieunterricht behandeln“, so Hartmann. Die Frage nach der Verantwortung sei zum Beispiel „eine astreine Frage für den Philosophieunterricht. Das Thema ist so vielfältig, dass Lehrkräfte unterschiedliche Schwerpunkte setzen und auch fächerübergreifend arbeiten können.“