Datum: 08.06.2022

Nachhaltige Ernährungsbildung auf dem Bauernhof

Viele Kinder wissen nicht mehr, wo Lebensmittel ihren Ursprung haben und welche Produktionsschritte überhaupt notwendig sind, damit sie sie mit ihren Eltern im Supermarkt kaufen können. An diesem Punkt kann die schulische Ernährungsbildung ansetzen und mithilfe einer Exkursion zu einem Biobauernhof nicht nur das Wissen über, sondern auch die Wertschätzung für Lebensmittel fördern, sagt Anja Schermer, Geschäftsführerin der Sarah Wiener Stiftung, die im Zuge ihrer Bildungsarbeit genau diesen erlebnisorientierten Ansatz verfolgt. Das Ziel: Kinder und Jugendliche für eine vielseitige, ausgewogene und nachhaltige Ernährung zu begeistern. 

Junge hält ein Bund Möhren hoch

Quelle: zaikina (Adobe Stock)

„Die Bildungsforschung hat gezeigt, dass die Vermittlung praktischer Fähigkeiten und Kompetenzen viel erfolgsversprechender ist als die reine Wissensvermittlung und dass die meisten Lernprozesse im Alltag stattfinden“, so Schermer. Daher sei die Stiftung darauf bedacht, dass ihre Bildungsangebote möglichst alltagsrelevante Erlebnisse und ein breites Spektrum an Erfahrungen und Lerngelegenheiten ermöglichten. „In diesem Zusammenhang sind Biobauernhöfe ein ganz besonderer Ort.“ Kinder könnten dort nicht nur den Ursprungsort der Lebensmittel besichtigen, sondern – nach Absprache mit den Landwirt:innen – auch Teil des Produktionskreislaufs werden. 

Abhängig von der Jahreszeit, zu der der Ausflug stattfindet, könnten sich Kinder aktiv am jeweils anstehenden Arbeitsprozess beteiligen: den Boden für die Aussaat vorbereiten, aussähen, Schädlinge von den wachsenden Pflanzen einsammeln, reife Gewächse ernten und weiterverarbeiten. „Saisonalität ist dann nicht nur ein Begriff, sondern etwas Erfahrbares“, sagt Schermer. Gleiches gelte für den komplexen Zusammenhang zwischen Boden, Mensch und Pflanzen, der die Grundlage der Lebensmittelproduktion bildet. „Wenn ich selbst daran beteiligt bin, das Korn geerntet und das Mehl gemahlen habe, mit dem ich dann ein Brot backe, lerne ich auch, Lebensmittel noch einmal anders wertzuschätzen.“ Diesen Effekt habe das Stiftungsteam im Zuge ihrer Bildungsangebote bereits beobachten können. „Wenn die Kinder erlebt haben, wie anstrengend etwa die Kartoffelernte ist, achten sie beim Schälen für das gemeinsame Essen im Anschluss darauf, dass nur wenig Abfälle entstehen.“ 

Bei jüngeren Kindern empfiehlt Schermer, sich im Zuge eines solchen Ausflugs auf ein Lebensmittel zu konzentrieren, sich etwa „auf die Reise des Getreides“ zu begeben, an dessen Beispiel die Schüler:innen die Produktionskette altersgerecht kennenlernen können. Aus bisherigem Feedback weiß die Geschäftsführerin der Stiftung zudem, dass Pädagog:innen in der Vergangenheit gute Erfahrungen damit gemacht haben, die Exkursion inhaltlich im Unterricht vorzubereiten, indem sie beispielsweise die Entwicklungsphasen von Getreide vorab besprochen hatten. Nach dem Ausflug lohne es sich schließlich, das Erlebte zu reflektieren, so Schermer: „Der Wissenserwerb ist nachhaltiger, wenn über die Exkursion und das dabei Gelernte im Unterricht noch einmal gesprochen wird.“

Neben einem gestärkten Sinn für nachhaltiges Handeln könne ein Ausflug auf den Biobauernhof auch eine kleine Intervention für eine ausgewogenere Ernährung darstellen. „Wenn ich anfange, mich mit meiner Ernährung auseinanderzusetzen, mit dem, was ich esse, und der Frage, woher es kommt, kann dies ein Anstoß für eine bewusstere Ernährung sein“, sagt Anja Schermer. Unterstützt durch das positive Erlebnis, gemeinsam etwas Frisches aus der Region geerntet, zubereitet und gegessen zu haben, könne daraus die Motivation entstehen, sich mehr mit der eigenen Ernährung zu beschäftigen – auch schon bei Kindern. 

Materialien zum Artikel