Unter dem Titel „Reality Check in Brussels for Education Multipliers“ lud die Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland ausgezeichnete Verbraucherschulen zu einer zweitägigen politischen Informationsveranstaltung nach Brüssel ein. Eine Delegation von 25 Lehrkräften nahm die Einladung an und reiste am 5. Dezember 2024 in die belgische Hauptstadt.
Den Lehrkräften von weiterführenden Verbraucherschulen aus 15 Bundesländern wurde ein umfangreiches Programm geboten. Im Mittelpunkt stand das Kennenlernen der Europäischen Institutionen und der Austausch über jugendrelevante Verbraucherthemen wie zum Beispiel Desinformation, Plattformregulierung und Greenwashing.
Der erste Tag der Exkursion begann mit einem Überblick von Stefan Zotti, Generaldirektion Bildung, Jugend, Sport und Kultur über die Europäische Kommission als politische Exekutive der EU sowie über die Strategien und Ziele der kommenden fünf Jahre unter der Kommissionspräsidentschaft von Ursula von der Leyen.
Anschließend diskutierte Yannic Blaschke, Generaldirektion Medien, Kommunikation und Netzwerke, mit den Lehrkräften über aktuelle Herausforderungen wie Fake News, Künstliche Intelligenz und Hetze im Netz. Außerdem stellte er verschiedene Verordnungen vor, die im Kampf gegen Desinformation helfen sollen, insbesondere den Digital Services Act, der seit Mai 2024 in Deutschland als Digitale-Dienste-Gesetz in Kraft ist.
Zum Abschluss des ersten Tages besuchte die Gruppe das Brüsseler Büro des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Isabelle Buscke, Leiterin des Teams in Brüssel, gab einen anschaulichen Einblick in die politische Interessenvertretung auf EU-Ebene. Sie stellte Forderungen vor, für die sich der vzbv einsetzt, wie etwa die Regulierung von sogenannten Green Claims, also Werbung mit Umweltaussagen, die Verbraucher:innen täuschen können.
Der Tag endete mit einem gemeinsamen Abendessen in der Brüsseler Innenstadt. Bei Moules-frites und belgischem Bier wurden viele Ideen für den Unterricht und die zukünftige Entwicklung des Netzwerks der Verbraucherschulen ausgetauscht.
Mareen HirschnitzReferentin Öffentlichkeitsarbeit, Vertretung der EU-Kommission in DeutschlandVerbraucherschutz ist ein Thema, bei dem die EU-Staaten eng zusammenarbeiten – sei es bei Roaming, Datenschutz oder der Lebensmittelkennzeichnung. Das betrifft alle. Die engagierten Lehrkräfte der Verbraucherschulen konnten sich in Brüssel davon überzeugen, "wie EU vor Ort gemacht wird". Sie geben ihr Wissen an ihre Schulklassen weiter – so auch die Erlebnisse und Erkenntnisse von dieser Reise. Sie sind Influencer:innen der Bildungsszene.
Am zweiten Tag ging es spannend weiter: Benedicte van Ormelingen, Generaldirektion Justiz und Verbraucher, erläuterte warum es wichtig ist, Verbraucherpolitik nachhaltig zu gestalten. Sie stellte verschiedene Initiativen in diesem Bereich sowie eine neue Verordnung der EU vor, die Verbraucher:innen bei der Grünen Transformation unterstützen soll, indem Maßnahmen gegen Greenwashing und Obsoleszenz ergriffen werden. Diese Verordnung soll im September 2026 in Kraft treten. Stefan Moser von der Generaldirektion Energie ergänzte den Vortrag mit einem Überblick über die Maßnahmen der EU zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden.
Den abschließenden Ausblick auf die EU-Klimapolitik gab Niels Schuster von der Generaldirektion Klimaschutz. Er stellte den Europäischen Green Deal vor und zeigte auf, welche Maßnahmen bereits umgesetzt wurden und welche noch ausstehen, um die EU bis 2050 klimaneutral zu machen.
In einer Abschlussrunde tauschten die mitgereisten Lehrkräfte ihre Eindrücke aus: "Ich nehme von dem Trip eine neue EU-Begeisterung mit", sagt Jan Wawrzynek von der Helmut-Rau-Schule Mainhardt aus Baden-Württemberg. "Ich habe sehen können, dass in der Kommission Menschen arbeiten, die ein großes Ziel haben (...). Eine bessere Zukunft muss politisch erarbeitet und errungen werden, wir können nicht darauf vertrauen, dass sich Dinge von alleine regeln."
Martin Vollrath vom Sibylla-Merian-Gymnasium Meinersen in Niedersachsen stimmt ihm zu: "[M]ein Bild von der Arbeit der Europäischen Kommission hat sich sehr ins Positive gewandelt. Viele Inhalte haben mich darin bestärkt, die vier Handlungsfelder, die den Verbraucherschutz ausmachen, noch stärker in den Schulalltag zu integrieren und weitere Schulen von der Wichtigkeit des Verbraucherschutzes zu überzeugen." Hubertus Gosmann vom Hubertus-Schwartz-Berufskolleg sagt: "Mir ist durch den Aufenthalt in Brüssel noch mal in besonderer Weise bewusst geworden, dass es in vielen Themenbereichen unerlässlich ist, die Verbraucherbildung international zu denken."
Stefanie Bauerdick vom INI Berufskolleg fuhr ebenfalls mit neuer Begeisterung nach Hause: "Mich persönlich hat sehr beeindruckt, dass die Interessen der Verbraucher: innen auch auf EU-Ebene so stark vertreten werden. Es wäre wünschenswert, die vielen positiv erreichten Maßnahmen noch öffentlichkeitswirksamer zu verbreiten und sichtbar zu machen."
"Besonders spannend fand ich die Einblicke in die Arbeit des vzbv in Brüssel und die enge Zusammenarbeit der Verbraucherschutzverbände in Europa", so Stefan Prochnow, Hohe Landesschule Hanau. Der Besuch im vzbv Büro Brüssel überzeugte auch Ronny Ulrich vom Burg-Gymnasium Wettin in Sachsen-Anhalt: "[I]m Vortrag von Isabelle Buscke (...) wurde beispielhaft deutlich, wie Verbraucherschutz und -bildung auf europäischer Ebene einen Rahmen bekommen, damit wir mit offenen Augen durch unseren Alltag schreiten können."
Dorothee Hermann vom Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung Baden-Württemberg hat besonders "der diskursive Austausch" untereinander gefallen, "sowohl nach den inhaltlichen Vorträgen, als auch in den Pausen mit den Kolleginnen und Kollegen aus ganz Deutschland – sehr gewinnbringend für die Arbeit vor Ort in der eigenen Schule und im Bereich der Fortbildung. Ich habe viele Impulse und Ideen hierfür erhalten."
Neue Anregungen für den Schulalltag nimmt auch Jana Brandstäter von der Oberschule "Johann Heinrich August Duncker" in Brandenburg mit: "Ich werde noch mehr Inhalte über die Arbeit des Verbraucherschutzes und der Umsetzung der Richtlinien der EU in den Unterricht einbeziehen. (...) Die Jugendlichen müssen so früh wie möglich über die Bandbreite der Inhalte der Bereiche: Medien, Finanzen, Ernährung und der Nachhaltigkeit informiert werden. Es geht um die Zukunft unserer Schüler und da ist eine derartige Prävention der wichtigste Lehrauftrag von uns Lehrkräften."