- Verbraucherbildung ist, wenn Finn sich kein Smartphone auf Pump kauft.
- Verbraucherbildung ist, wenn Elif weiß, dass sie nicht einfach Bilder von ihren Freundinnen bei Instagram hochladen darf.
- Verbraucherbildung ist, wenn Ahmet lieber Obst isst als Vitamintabletten zu schlucken.
- Verbraucherbildung ist, wenn Leonie ihren Müll auch zu Hause trennt.
In Anbetracht der immer komplexeren Verflechtung von Medien-, Finanz-, Gesundheits- und Nachhaltigkeitsthemen ist die Schule mehr denn je gefordert, Verbraucherbildung an Kinder und Jugendliche zu vermitteln. Das gelingt am ehesten, wenn diese Themen zum einen unverzichtbarer Bestandteil schulischer Bildung werden und zum anderen an der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler ansetzen.
Aufgabe der Lehrenden ist es, die Alltagserfahrungen der Kinder und Jugendlichen wie Essgewohnheiten, den Umgang mit dem eigenen Geld oder die Nutzung sozialer Medien mit fachlichem Wissen zu verknüpfen. Damit unterscheidet sich die Verbraucherbildung von der reinen Verbraucherinformation: Sie hat das Ziel, die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler langfristig zu stärken, um ihnen ein Leben als mündige Verbraucherinnen und Verbraucher zu ermöglichen.
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https://youtu.be/Jb6pCW-fCH0Das sollten Sie über Verbraucherbildung wissen
Jeden Tag treffen wir als Verbraucherin und Verbraucher Entscheidungen, die sich nicht nur auf unser eigenes Leben, sondern auch auf Umwelt und Gesellschaft auswirken. Deshalb geht Verbraucherbildung uns alle an – und sollte möglichst früh vermittelt werden.
Grundsätzlich gilt: Verbraucherbildung ist ein lebenslanger Lernprozess. Sie befähigt Menschen, ob jung oder alt, als Verbraucherinnen und Verbraucher verantwortungsbewusst zu handeln und sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Kurz gesagt: Es geht um die Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger.
Allerdings gilt auch: Je früher die Fertigkeiten für einen reflektierten Konsum entwickelt werden, desto besser. Desto selbstverständlicher werden sie schon bei jungen Konsumentinnen und Konsumenten im alltäglichen Handeln verankert sein. Desto einfacher wird es für Kinder und Jugendliche, den steigenden Anforderungen in einer zunehmend globalen, vernetzten und komplexen Welt der Waren und Dienstleistungen gerecht zu werden.
Deshalb setzt sich der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) dafür ein, dass Verbraucherbildung verbindlich in allen Bundesländern in den Lehr- und Bildungsplänen verankert wird, – damit alle jungen Menschen im Sinne der Chancengerechtigkeit die nötigen Grundlagen für ein selbstbestimmtes Leben erhalten. Dies soll erreicht werden, „indem über konsumbezogene Inhalte informiert wird und Kompetenzen im Sinne eines reflektierten und selbstbestimmten Konsumverhaltens erhoben werden“, so steht es schon im Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 12. September 2013.
Wenn bereits Schülerinnen und Schüler lernen, sich als handelndes Subjekt in einem größeren Zusammenhang zu begreifen, profitiert davon jedoch nicht nur der Einzelne, sondern die gesamte Gesellschaft. Informierte Verbraucherinnen und Verbraucher überschulden sich nicht so leicht. Sie treten als selbstbewusste Kunden von Unternehmen, Banken und Versicherungen auf, die durch ihre Entscheidungen den Wettbewerb um bessere Angebote und Produkte positiv beeinflussen. Und nicht zuletzt können sie sich an wichtigen gesellschaftlichen Entscheidungen beteiligen, etwa wenn es um die Nachhaltigkeit von Konsum oder den Verbrauch von Ressourcen geht.
Wer also heute in eine breite und umfassende Verbraucherbildung von Kindern und Jugendlichen investiert, wird die Gesellschaft von morgen auf ein stabileres Fundament stellen.
Eine erfolgreiche Verbraucherbildung geht dabei über die reine Informationsvermittlung hinaus, indem sie neben theoretischem Wissen auch die Fähigkeit vermittelt, dieses Wissen in allen Lebensbereichen des Alltags umzusetzen und anzuwenden.
Das bedeutet laut dem Beschluss der Kultusministerkonferenz (2013), dass Verbraucherbildung an Schulen folgende Aufgaben erfüllen soll:
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Sie stärkt die Gestaltungskompetenz sowie die differenzierte Urteilsbildung der Kinder und Jugendlichen,
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sie stärkt die Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich der Alltagskompetenzen,
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sie bezieht die lebensweltlichen Erfahrungen der Kinder und Jugendlichen sowie ihrer Familien mit ein,
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sie greift aktuelle gesellschaftliche Rahmenbedingungen, Entwicklungen und Themen auf und
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sie eröffnet konkrete Handlungsoptionen im Rahmen der in und im Umfeld der Schule gegebenen Möglichkeiten.
Die Themen
Als zentrale Schwerpunkte der Verbraucherbildung sollen Schulen die Themenbereiche Ernährung, Finanzen, Medien sowie Nachhaltigkeit an die Schülerinnen und Schüler vermitteln – und zwar alters-, zielgruppen- und schulformspezifisch. So lauteten bereits im Jahr 2013 die Empfehlungen der Kultusministerkonferenz (KMK).
Dabei besteht die besondere Herausforderung für Lehrerinnen und Lehrer nicht nur darin, alle vier Themenbereiche im Unterricht abzudecken, sondern auch ihrer starken Verflechtung Rechnung zu tragen. Im Beschluss der KMK heißt es dazu, dass die „bloße Aneinanderreihung von Unterrichtsthemen“ der Herausforderung der Verbraucherbildung nicht gerecht werden könne. Vielmehr müssten die Zusammenhänge konkret herausgestellt und behandelt werden.
Ansätze für solche Verknüpfungspunkte gibt es vielfältige: Sei es die bewusste Ernährung, die gleichzeitig auf die Vermeidung von Plastikmüll achtet, die schwer zu erkennende Werbung, die Jugendliche über Influencer und in den sozialen Netzwerken erreicht, oder die wirtschaftlich erfolgreiche Schülerfirma, die nachhaltige Produkte auf dem Schulhof und im eigenen Online-Shop anbietet. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Zahlreiche Beispiele, wie die verschiedenen Aspekte der vier Themenbereiche in der Praxis aufgegriffen werden können, liefern Schulen, die mit dem Titel der Verbraucherschule ausgezeichnet wurden und im Netzwerk Verbraucherschule aktiv sind.
Zielgruppen: Lernende und ihre Lehrenden
Warum es so wichtig ist, schon junge Menschen mit Verbraucherbildung zu erreichen, zeigt die Lebenswirklichkeit, in der sie aufwachsen. Der Mensch des 21. Jahrhunderts steht vor einem Paradoxon: Noch nie konnte er aus einer so riesigen Auswahl von Produkten, Dienstleistungen und Informationen wählen wie heute. Dennoch sind Herausforderungen, die richtige Entscheidung zu treffen, größer als jemals zuvor.
Für Kinder und Jugendliche bedeutet diese Kommerzialisierung des Alltags, dass sie schon in jungen Jahren umfangreiche Konsumerfahrungen machen. Die nötigen Konsumkompetenzen müssen sie aber häufig erst noch erwerben und stärken. Bewusste Ernährung, Medienkompetenz oder nachhaltiger Konsum sind für viele kaum mehr als vage Begriffe, die sie nicht umsetzen können. Sie wissen nicht, wie sie sich bewusst ernähren sollen, wie ein kluger Umgang mit Geld aussieht oder wie sie Werbung von Informationen unterscheiden können – geschweige denn, welche Folgen ihre Entscheidungen für die gesamte Gesellschaft haben können.
Zugleich ist die Kaufkraft von Kindern und Jugendlichen in den vergangenen Jahren zunehmend gestiegen, wodurch sie heute eine bevorzugte Gruppe von Unternehmen und ihrer Produktvermarktung darstellen. Schon Fünf- oder Sechsjährige werden beispielsweise mit Merchandise-Produkten umworben, wodurch die Unternehmen auch auf eine langfristige Verbundenheit der jungen Verbraucherinnen und Verbraucher mit der jeweiligen Marke hoffen.
Zunehmend wird außerdem Schule selbst als Ort für Werbung und Kundenbindung begriffen. Wie eine Studie des Bildungsforschers Tim Engartner (2019) zeigt, versuchen bereits 20 der 30 DAX-Unternehmen mit Unterrichtsmaterialien und Angeboten in die Schulen zu gelangen, bei denen ein werbender Charakter zumindest nicht ausgeschlossen werden kann. Zugleich ist in den vergangenen Jahren ein ganzer Wirtschaftszweig aus sogenannten Bildungsmarketing-Agenturen entstanden, die mit der Beratung zum Thema „Werbung an Schulen“ sowie der direkten Ansprache von „Jugendlichen direkt in der Schule“ werben.
Die Frage ist, wie Themen der Verbraucherbildung sinnvoll im Unterricht etabliert werden können, damit die Kinder und Jugendlichen die nötigen Kompetenzen bestmöglich erwerben. Hier kommen die Lehrenden ins Spiel: Um die genannten Defizite auszugleichen, braucht es vor allem kompetente und motivierte Lehrende, die ihren Schülerinnen und Schülern altersgerechte Informations- und Lernangebote machen können.
Eine zentrale Forderung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) an die Politik ist deshalb, Lehrerinnen und Lehrer im Bereich der Verbraucherbildung verbindlich aus- und fortzubilden sowie ihnen Unterrichtsmaterialien zur Verfügung zu stellen, die nach klaren Regeln geprüft wurden. Gleichzeitig unterstützt der vzbv Schulen und Lehrende auf verbraucherbildung.de mit geprüften Materialien im Materialkompass, neuen Ideen, fundierten Informationen und dem Austausch mit anderen Schulen im Netzwerk Verbraucherschule.
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Video:
https://youtu.be/RPTiegsSM3kZugänge: Interesse für Verbraucherbildung wecken
Lebensnah, praxisorientiert, zukunftsweisend: Die Themen der Verbraucherbildung haben für Kinder und Jugendliche eine natürliche Relevanz. Dies können Lehrerinnen und Lehrer nutzen und die Zugänge zum Lerngegenstand so gestalten, dass sich möglichst viele Schülerinnen und Schüler angesprochen fühlen.
In der Rahmenvorgabe „Verbraucherbildung in Schule“ des Landes Nordrhein-Westfalen heißt es dazu: „Ausgangspunkt für eine reflektierte Konsumkompetenz ist die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler mit den damit verbundenen aktuellen problemorientierten Entscheidungen und Handlungen.“ Zugleich bieten die individuellen Probleme und Interessen der jungen Menschen auch Anlässe für weiterführende Debatten gesellschaftlicher Relevanz. Dieser Lebenswelt- und Aktualitätsbezug kann in Projekten – auch mit außerschulischen Partnern – sowie im Fachunterricht hergestellt werden.
Lehrerinnen und Lehrer, die selbst Zugänge zur Verbraucherbildung suchen, haben die Möglichkeit, sich an Unterstützungs- und Beratungssysteme sowie außerschulische Partner zu wenden. Dazu gehören allen voran die Verbraucherzentralen der Länder, aber auch die Verbraucherministerien, die Bundeszentrale für politische Bildung, Hochschulen, Arbeitnehmer -und Arbeitgeberorganisationen, Industrie- und Handelskammern sowie verschiedene Nicht-Regierungsorganisationen (vgl. KMK 2013).
Darüber hinaus finden Lehrende auf verbraucherbildung.de Angebote wie den Materialkompass, der geprüfte und praxisrelevante Materialien für den Unterricht enthält, oder das Netzwerk Verbraucherschule, das neben aktuellen Informationen und neuen Ideen auch den Austausch mit anderen Schulen ermöglicht.
Unser Angebot für Sie
Bildungspolitische Verankerung
Verbraucherbildung als schulische Aufgabe umzusetzen ist nicht nur ein theoretisches Ziel. Mit der Empfehlung der Kultusministerkonferenz vom 12. September 2013 haben sich alle Bundesländer verpflichtet, es ganz praktisch anzugehen. In den vergangenen Jahren sind daraufhin zum Teil länderspezifische Richtlinien, Rahmenvorgaben und oder Curricula entstanden, die das Thema Verbraucherbildung in unterschiedlicher Form im Schulalltag verankern.
Dabei wird Verbraucherbildung vorrangig als Querschnittsaufgabe in andere Fächer und den Unterricht integriert, vereinzelt ist sie als eigenes (Wahl-)Fach und in verschiedenen Schulstufen – meist in der Sekundarstufe I – aufzufinden.
Darüber hinaus kann Verbraucherbildung außerschulische Aktivitäten einschließen, beispielsweise in Form von Projekten, Wettbewerben, Ausstellungen oder den Besuch außerschulischer Lernorte. Die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern folgt den Grundsätzen der Neutralität. Denkbar sind beispielsweise öffentliche Einrichtungen, Verbände oder Unternehmen.
Schaut man sich die Verordnungen der einzelnen Bundesländer genauer an, fällt die Vielzahl der verschiedenen Varianten in Bezug auf Verbraucherbildung auf. Ein eigenständiges Fach „Verbraucherbildung“ gibt es derzeit nur in Schleswig-Holstein, und zwar an Gemeinschaftsschulen der Sekundarstufe I. Bayern hat zudem 2015 das Wahlfach „Verbraucherprofi“ in der Realschule eingeführt, in dem vor allem Kompetenzen im Sinne der „ökonomischen Verbraucherbildung“ vermittelt werden sollen.
In den übrigen Bundesländern soll Verbraucherbildung laut den jeweiligen Lehrplänen fächerübergreifend gelehrt und als Querschnittsthema in unterschiedlichen Fächern integriert werden. In der Primarstufe dient dafür häufig der Sachunterricht als Ankerfach. Vielfältiger sieht das Bild hingegen in der Sekundarstufe I aus, wo die Schülerinnen und Schüler am häufigsten mit Verbraucherbildung in Kontakt kommen: Am Gymnasium dient vor allem das Fach Politik/Wirtschaft zur Vermittlung von Verbraucherbildung, während an anderen Schulformen beispielsweise die Fächer Arbeitslehre oder Arbeit/Wirtschaft/Technik dafür vorgesehen sind.
In insgesamt acht Bundesländern finden sich Vorgaben zur Verankerung von Verbraucherbildung im Unterricht in übergreifenden Rahmendokumenten, sprich: Curricula, Leitperspektiven, Rahmenvorgaben oder Richtlinien. Ein Blick in diese Dokumente macht die länderspezifischen Unterschiede noch einmal besonders deutlich. Zum einen ist die Zuordnung von Verbraucherbildung zu Fächern, Klassenstufen und Schulformen unterschiedlich konkret benannt. Zum anderen legen die Länder mit Blick auf die vier Themen der Verbraucherbildung variierende Schwerpunkte. Während in Bayern der Fokus auf ökonomischer Verbraucherbildung liegt, spricht das sächsische Curriculum beispielsweise explizit von „Ernährungs- und Verbraucherbildung“.
Über diese curriculare Verankerung hinaus, existieren in vielen Bundesländern sogenannte Unterstützungsmaßnahmen, um Verbraucherbildung im Unterricht zu etablieren. In Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein gibt es für Schulen und Lehrende beispielsweise Materialsammlungen, konkrete Unterrichtseinheiten, Handreichungen oder Beispielcurricula. In anderen Bundesländern, zum Beispiel in Hamburg, Rheinland-Pfalz und im Saarland, fallen die Angebote deutlich geringer aus, dort wird vermehrt auf externe Angebote wie die Verbraucherzentralen verwiesen.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) engagiert sich seit Jahren dafür, dass Verbraucherbildung bundesweit stärker und verlässlich in den Lehr- und Bildungsplänen aller Schulformen verankert wird. Nur wenn Verbraucherbildung bundesweit prüfungsrelevant auf dem Stundenplan steht, kann gewährleistet werden, dass alle Kinder und Jugendlichen die gleiche Chance haben, die nötigen Kompetenzen für ein selbstbestimmtes Leben zu erwerben. Denn die Konsum-, Medien und Wirtschaftswelt kümmert sich nicht um föderale Bildungszäune, sondern stellt alle jungen Menschen sowie erwachsene Verbraucherinnen und Verbraucher vor die gleichen Herausforderungen.